Olympisches Gold für die Logistik – und die Schattenseite der Medaillen 

Andreas Kemmner

Heute werden um 17:14 Uhr MEZ die 22. Olympischen Spiele in Sotschi, eigentlich einem Badeort in Russland, eröffnet. Es sind schon jetzt die teuersten Spiele in der Geschichte, was nicht zuletzt der Ortswahl geschuldet ist. Winterspiele, die Pisten, Eislaufhallen, entsprechende Skilifte, Zufahrtswege und genügend Unterkünfte für Sportler, Betreuer, Journalisten und Besucher benötigen, an einem der wärmsten Orte Russlands austragen zu wollen, ist schon – mutig. Auch wenn es in den Bergen dort durchaus schon immer einige Hänge gab, die im Winter von Ski-Enthusiasten genutzt wurden, die bereit waren ihre Skier hochzuschleppen und in den einfachen Hütten dort zu wohnen.

Google_Sotschi2014
© by Google

Mit genügend Schneekanonen und einer in einem eigens dafür konstruierten Warenlager konservierten Schneedecke von rund 450.000 Tonnen lassen sich jedoch selbst dann optimale Schneeverhältnisse herstellen, wenn Frau Holle bzw. Väterchen Frost nicht mitspielt.

Neben den ganz profanen witterungsbedingten Stressfaktoren kommen aber noch eine Vielzahl an weiteren hinzu:
Sotchi ist mit 340.000 Einwohnern gerade mal 80.000 Einwohner stärker als Aachen! Als Vergleich: Köln liegt knapp über der ein Millionen-Grenze, Berlin bei gut 3,5 Millionen (Quelle: UN-Data).

Es mussten noch Unterkünfte und Transportmöglichkeiten errichtet werden, die die rund 6.000 Athleten, ein Mehrfaches an Betreuern und Publikum sowie Journalisten aus aller Welt zu den Pisten, Hallen, Hotels, Gaststätten und Lounges bringen bzw. dort beherbergen müssen. Allein die Infrastruktur für den Transport hat rund 43 Milliarden US$ verschlungen, Kosten, die übrigens größtenteils von privaten Investoren und Sponsoren getragen werden.

Der Ausbau des Örtchens Krasnaja Poljana in den Bergen zum Ski-Paradies Rosa Chutor z. B., hat 13 Jahre gedauert und rund 2 Milliarden Dollar verschlungen, finanziert von dem Oligarchen Wladimir Potanin. Und das ist nur das Skigebiet in den Bergen, nicht die Stadt Sotschi an der Schwarzmeerküste, die nun einen Frachthafen und ein U-Bahn-Netz hat.

Erste Meldungen der Journalisten lassen befürchten, dass Vieles in letzter Minute „mit der heißen Nadel genäht“ wurde – was für Logistiker und Supply Chain Manager immer ein Warnsignal ist. Hoffen wir, dass die evtl. nicht ganz stressresistente Infrastruktur die Supply Chains der einzelnen olympischen Teams nicht sprengt – es wäre schade, wenn die Athleten ohne ihr gewohntes Material dastünden, weil z. B. die Skier von Maria Höfl-Riesch auf dem Weg vom olympischen Dorf zur Rennstrecke im Stau stecken…

Einen kritischen Artikel zu den Milliarden, die Sotschi bereits jetzt verschlungen hat, finden Sie hier auf der Seite der Wirtschafts Woche.

Die Zahlen zu den Kosten der Infrastruktur haben wir in diesem Artikel auf der Webseite des Forbes-Magazins gefunden.


Andreas Kemmner

Autor | Author

Prof. Dr. Kemmner ist Co-CEO der Abels & Kemmner Group und hat in 30 Jahren Beratertätigkeit in Supply Chain Management und Sanierung weit über 200 nationale und internationale Projekte durchgeführt und war über 10 Jahre der einzige öffentlich bestellte Sachverständige für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Industriebetrieben in Deutschland.

2012 wurde er von der WHZ zum Honorarprofessor für Logistik und Supply Chain Management bestellt.

Die Ergebnisse seiner Projekte wurden bereits mehrfach ausgezeichnet.

Weitere Beiträge | READ MORE