In der vergangenen Woche habe ich im Fernsehen einen Werbespot gesehen für die Neuauflage der legendären Quizshow „Geh aufs Ganze“. Offenbar ist es SAT1 gelungen, den damaligen Quizmaster Jörg Draeger, der die Show in den Neunzigern mit viel Charme moderiert hat, zu einem Comeback zu motivieren.
Ich weiß noch nicht, ob ich mir die Neuauflage von „Geh aufs Ganze“ tatsächlich anschauen werde. Aber die Ankündigung hat bei mir eine Erinnerung hervorgerufen an eine Prüfungsaufgabe von meinem ersten Statistikkurs auf der Uni. In dieser Prüfungsaufgabe ging es darum, dass ein Kandidat an einer Quizshow teilnimmt und von 3 geschlossenen Türen eine auswählen darf. Hinter einer der 3 Türen steht der Hauptgewinn, hinter den beiden anderen ein Trostpreis (nennen wir ihn, der Einfachheit halber, den Zonk). Nachdem der Kandidat sich für eine Tür entschieden hat, öffnet der Quizmaster eine andere Tür, hinter der sich ein Zonk versteckt. Der Quizmaster weiß, was hinter welcher Tür versteckt ist. Und danach bietet der Quizmaster dem Kandidaten die Möglichkeit, sich für die andere noch geschlossen Tür zu entscheiden. Und die Prüfungsfrage lautete: „Macht es statistisch gestehen Sinn, sich für die andere Tür zu entscheiden oder nicht (und warum)?
Nehmen Sie sich, bevor Sie weiterlesen, jetzt bitte einen Augenblick Zeit um diese Frage zu beantworten…
Ihr Bauchgefühl sagt Ihnen vermutlich, dass es egal ist, ob man jetzt die Tür wechselt oder nicht. Es gibt ja nur noch 2 geschlossene Türen, und hinter einer davon steht der Hauptgewinn. Daher dürfte die Chance bei 50% liegen, dass Sie sich für die richtige Tür entschieden haben.
Aber stimmt das auch? Schauen wir doch mal etwas genauer hin: Da es am Anfang des Spiels 3 geschossene Türen gab, lag die Chance, dass Sie sich bei der ersten Wahl für die Tür mit dem Hauptgewinn entschieden haben, statistisch gesehen bei 1/3. Ein Wechsel würde den Verlust des Hauptgewinns bedeuten und Sie hätten sich beim Wechsel also verschlechtert. Aber die Chance, dass Sie sich bei der ersten Wahl für eine der beiden Türen mit dem Zonk entschieden hatten, lag statistisch gesehen bei 2/3. Und in dieser Situation bedeutet ein Wechsel, dass Sie sich automatisch verbessern. Der Quizmaser nimmt den anderen Zonk aus dem Rennen, weil er ja eine Tür mit dem Zonk öffnen muss. Und dann würde ein Tausch zu einer Verbesserung führen. Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie natürlich auch alle 9 Fälle kurz ausmalen und sich überzeugen, dass Sie sich in 3 Fällen verschlechtern aber in 6 Fällen verbessern würden.
Laut einer Studie beantworten weit mehr als die Hälfte aller Befragten diese Frage falsch. Unser Bauchgefühl täuscht uns hier offenbar. Und auch wenn Sie die Frage richtig beantwortet haben sollten, können Sie sich sicherlich vorstellen wie vielen Leuten hier ein Denkfehler unterläuft.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Unser Bauchgefühl ist wichtig. In vielen Alltagssituation ist es ein guter Ratgeber. Ich habe mir, wie mancher Zeitgenosse der auf die 50 zugeht, einen kleinen „Wohlstandsspoiler“ zugelegt. Und ich zeige gelegentlich gerne mal auf meinen Bauch und sage, dass ich damit genug Bauchgefühl entwickeln kann. Aber ich werde niemals den Blick für die Statistik verlieren. Und ich bin davon überzeugt, dass die Kombination von Statistik und Bauchgefühl das Beste von zwei Welten kombiniert.
In unserer heutigen Ausgabe steht ein Artikel zum Thema Sales & Operations Planning. Bei dieser Thematik spielt die Vertriebsplanung eine wesentliche Rolle. Firmen möchten die Vertriebsabteilung mit einbinden in den Planungsprozess, da der Vertrieb meistens näher am Kunden ist als der Planer. Dabei sollten Sie sich, unserer Erfahrung nach, aber nicht nur auf das Bauchgefühl der Vertriebskollegen verlassen. Stellen Sie dem Vertriebskollegen als Ausgangsbasis eine intelligente Statistische Prognose zur Verfügung. Diese kann er dann, da wo erforderlich, mit seinem Bauchgefühl ergänzen. Wie gesagt: das Beste von 2 Welten. Denn wie unser Quizbeispiel zeigt, kann das Bauchgefühl allein sehr tückisch sein…
Herzliche Grüße
Ihr Dirk Ungerechts