Von Andreas Capellmann
Im Bereich Pharma und Medizin ist neben der einwandfreien Produktqualität eine hohe Lieferbereitschaft eines der wichtigsten Kriterien, die Hersteller zu beachten haben. Viele Unternehmen reagieren darauf mit höheren Sicherheitsbeständen, was natürlich sehr viel Liquidität bindet. Die Serag-Wiessner KG hat diesen Balanceakt mithilfe der Advanced Planning and Scheduling (APS) Software DISKOVER SCO gemeistert und konnte nicht nur die Bestände senken, sondern die Lieferbereitschaft sogar noch weiter verbessern.
Wenn die Bestellung bei Serag-Wiessner eingeht, muss es schnell gehen. Nahtmaterial verschiedener Resorptionsstufen, textile Implantate oder Spül- und Infusionslösungen müssen oft innerhalb von 24h vor Ort sein. Verzögerungen sind nicht akzeptabel. Für die Hersteller solcher Produkte ist das mit einem erhöhten Lagerbestand verbunden, da man auch bei Bedarfsschwankungen sowie Störungen in der Beschaffungskette lieferfähig bleiben muss. Zur Erfüllung dieser Anforderungen werden Bestände im Fertigwarenlager vorgehalten, die auf Basis der ERP-Bestellvorschläge von Planern und Disponenten dimensioniert wurden.
Im Falle von Serag-Wiessner bedeutet das, dass von den ca. 3.000 Artikeln, die das Unternehmen anbietet, rund 1.500 Artikel ab Versandlager vorgehalten werden müssen, statt sie erst auf Bestellung fertigzustellen. Nur so können die etwa 25.000 Kunden, zu denen Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und auch Großhändler im In- und Ausland zählen, die Ware innerhalb der geforderten Lieferzeit erhalten.
Da in diesen Beständen viel gebundenes Kapital und damit auch ein enormes Einsparungspotenzial liegt, hatte Serag-Wiessner bereits einige Male mit Bordmitteln versucht, die Bestände aus eigener Kraft signifikant zu senken. Allerdings ohne den erhofften nachhaltigen Erfolg.
Effiziente und nachhaltige Lösung gesucht
Daher suchte das Management nach einer das ERP-System effektiver und nachhaltiger ergänzenden Lösung zur Dispositionsoptimierung. Das Tool sollte dabei in der Lage sein, Zielgrößen aktiv steuern zu können und selbstregelnd Abweichungen vom Soll-Ziel darzustellen, um Handlungsempfehlungen abzugeben. Zudem mussten folgende Zielgrößen zwingend erreicht bzw. eingehalten werden: Lieferzeiten von 24 bis 48 Stunden sowie eine durchschnittliche Ziellieferbereitschaft von 96 %. Außerdem sollten die Fertigungsaufträge und die damit verbundenen Rüstvorgänge auf 1.200 pro Monat limitiert sein. All diese Rahmenbedingungen schränken den Disponenten ein, wenn er Bestände senken soll. Dennoch ist es geglückt, die Bestände nachhaltig zu senken. Hierfür waren jedoch einige Vorarbeiten von Nöten.
ERP-System allein reicht nicht aus
Zu Beginn des Projektes, das von der Unternehmensberatung für Supply Chain Optimierung Abels & Kemmner begleitet wurde, wurde die Lieferkette auf Herz und Nieren geprüft: Wie steht es um die Dispositionsprozesse und die logistischen Kenngrößen wie Reichweite, Lieferbereitschaft und Lagerumschlag? Auch das ERP-System wurde dahingehend untersucht, ob alle Werkzeuge verfügbar sind, mit denen man die Disposition verbessern und Bestände effektiv und dauerhaft senken kann. Hier zeigte sich, dass mit dem ERP-System alleine diese Ziele nicht zu erreichen sind. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn ERPSysteme sind keine Spezialsysteme für Prognose und Disposition. Man kann diese Aufgaben mit ihnen zwar mit gewissen Einschränkungen erledigen, das Ergebnis liegt aber weit entfernt vom Optimum. Automatismen zur kontinuierlichen Optimierung der Dispo-Parameter sind praktisch nicht vorhanden.
Spezialwerkzeug für Disponenten gefragt
Quasi alle bekannten ERP-Systeme arbeiten ausschließlich mit statistischen Verfahren, die eine normalverteilte Nachfrage unterstellen, wie z. B. Mittelwertverfahren oder Exponentielle Glättung. Doch in der Praxis ist eine normalverteilte Nachfrage praktisch nie anzutreffen. Vielmehr unterliegt die Nachfrage ständigen saisonalen, konjunkturellen oder anderen Schwankungen. Die Konsequenz: Berechnungen unter Annahme einer normalverteilten Nachfrage führen zu systematisch falschen Bedarfsprognosen und Bestandsfehlern von bis zu 40 %. Neben dem übergeordneten ERPSystem braucht man also auch noch präzisere Spezialwerkzeuge, um optimal disponieren zu können. Man nennt diese Präzisionswerkzeuge für Disponenten Advanced Planning and Scheduling Software oder kurz APS-Software.
Differenzierte Simulationen und hohe Prognosegenauigkeit
Bei der Suche nach dem passenden APS-Tool wurde Serag-Wiessner bei der SCT GmbH und deren Supply- Chain-Optimierungssoftware DISKOVER SCO fündig. „Vor allem die umfangreichen Simulationsfunktionalitäten und die hohe Prognosegenauigkeit von DISKOVER SCO haben uns überzeugt“, erklärt Steffen Schwippl, IT-Leiter bei Serag- Wiessner. „Wir müssen eine sehr hohe Lieferbereitschaft vorhalten für kurze Lieferzeiten. Wenn man dann Sicherheitsbestände drastisch reduziert, hat man als Disponent zunächst ein mulmiges Gefühl: ‚Können wir immer rechtzeitig liefern? ‘ Durch die hoch differenzierte Auslegung von DISKOVER verstehen die Disponenten aber auch schnell, dass die differenzierteren Berechnungen und fallorientieren Dispositionsverfahren zu exakteren Ergebnissen führen und dass sie durch eine zielorientierte Disposition ein besseres Gesamtkostenergebnis erzielen.“
Komfortabel und dennoch präzise in die Supply Chain eingreifen
Bei der Einführung des Tools wurden mithilfe differenzierter Simulationen zunächst die Zusammenhänge zwischen Lieferbereitschaft, Beständen und des Rüstaufwandes ermittelt. So konnte herausgefunden werden, mit welchen Einstellungen für die genannten Parameter sich die Ziellieferbereitschaft bei geringstmöglichen Beständen erreichen lässt. Auf Basis dieser Daten können die Disponenten dann präzise in die Supply Chain eingreifen und diese erfolgreich optimieren. Dabei berücksichtigt DISKOVER auch differenzierte Regelwerke für die Disposition verschiedene Produktgruppen, die den Kriterien der ABC- und XYZKennzeichen sowie der Lagerhaltigkeit und den Marktanforderung der verschiedenen Produktgruppen Rechnung tragen. So können z.B. unterschiedliche Ziellieferbereitschaftsgrade oder höhere Reichweiten für die Losgrößen für geringwertige C-Artikel definiert werden. Das ist gerade für Unternehmen wie Serag- Wiessner interessant, deren Produkt-Portfolio sehr vielfältig ist, da so für jede Produktgruppe jeweils optimal disponiert werden kann.
Komfortable Supply Chain Optimierung
DISKOVER SCO zeichnet sich aber nicht nur durch die hohe Präzision und Funktionsumfang aus, sondern auch dadurch, dass es im täglichen Betrieb leicht zu handhaben ist. Das macht die Supply Chain Optimierung besonders komfortabel. Anwender werden beispielsweise aktiv auf den aktuellen Handlungsbedarf hingewiesen und profitieren unter anderem von der durchgängigen grafischen Visualisierung von Bedarfsprognosen und den korrespondierenden Dispositionsvorschlägen. Die Auswirkungen von Verfahrens- oder Stammdatenänderungen lassen sich dabei interaktiv und intuitiv durchsimulieren und grafisch darstellen, was die Entscheidungsfindung besonders effizient unterstützt.
Geringere Kosten und Aufwand für Softwarelösung
DISKOVER verringert nicht nur den Aufwand bei der Bedienung. Dank des Mietlizenzmodells und Continuous Delivery minimiert DISKOVER auch Kosten und Aufwand für Anschaffung, Wartung und Betrieb der Softwarelösung. Statt massiver Erstinvestitionen für Runtime-Lizenzen fällt bei den Anwenderunternehmen nur ein im Vergleich deutlich geringerer monatlicher Betrag für die Nutzung von DISKOVER SCO an. Und dank Continuous Delivery erreichen alle neuen Software- Entwicklungen die Anwender in kürzester Zeit. Da der direkte Support der Anwender sowie die Wartungsarbeiten und Updates durch das SCT-Servicecenter erfolgen, entsteht bei der IT-Abteilung des Kunden kein fachlicher Betreuungsaufwand für das System oder seine Anwender. Verdeckte In-House-Kosten, die bei Kalkulationen für alternative Modelle gerne vergessen werden, fallen somit nicht an.
Höhere Lieferbereitschaft bei niedrigeren Beständen
Seit der Einführung von DISKOVER SCO hat sich die Bestandssituation bei Serag-Wiessner deutlich verbessert. Überbestände wurden abgebaut und der Gesamtbestand auf ca. 65 % verringert. Trotz der verringerten Bestände, konnte die Lieferbereitschaft sogar noch um drei Prozentpunkte auf kontinuierliche 96 % verbessert werden. Durch die Reduzierung des Lagerbestands um 35 % konnte Serag-Wiessner entsprechende Liquiditätsreserven freisetzen. Und das dauerhaft.
Die durch den Einsatz von DISKOVER SCO erzielte monatliche Kostenersparnis allein durch Bestandsreduzierung fällt weit höher aus, als die laufenden Lizenzkosten für die Software. Schließlich ist Bestandsreduzierung kein einmaliger, sondern ein laufender Effekt: Durch die Reduzierung des Lagerbestandes können Unternehmen jährlich Lagerhaltungskosten in sechsstelliger Höhe einsparen. Ohne Optimierungssoftware fielen diese jährlichen Kosten ganz schnell wieder an. Und andere positive Effekte, die durch den Einsatz von DISKVOER erzielt werden, wie geringerer Planungsaufwand, bessere Lieferbereitschaft und Auskunftsfähigkeit, sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Andreas Capellmann ist Geschäftsführer der SCT GmbH, einem Tochterunternehmen der Abels & Kemmner GmbH.
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