Der Einsatz der RFID Technologie muss wohl überlegt sein
von Dr. Bernd Reineke
Viele Unternehmen fragen sich, ob der Zeitpunkt für die Einführung der RFID Technologie mit der Verfügbarkeit der neuen Generation 2-Tags nun endlich gekommen ist oder ob weiterhin noch abzuwarten ist.
Bei jeder neuen Technologie ist der frühe Einsatz einerseits immer mit Risiken behaftet, andererseits bieten sich auch immer Chancen, enorme Wettbewerbsvorteile zu erzielen. So auch beim Hypethema RFID. Die RFID Technologie bietet eigentlich alles, wovon Logistiker nur träumen: berührungsloses Lesen von Informationen ohne Sichtkontakt, Fortschreiben von Informationen dezentral direkt am Produkt, automatische Inventur auf Knopfdruck, Automatisieren von logistischen Abläufen und Herstellprozessen, riesige Einsparpotenziale, Erkennen von Stock out Situationen und, und, und. In der Summe also riesige Einsparpotenziale und ein enormes Potenzial für die Geschäftsprozessoptimierung. Und dies alles jetzt dank Generation-2-Tags noch sicherer und flexibler durch zusätzliche Frequenzbänder, schnellere Transferraten und geringere Störanfälligkeit.
Doch wie bei jeder Investition in eine neue Technologie sind auch bei dem Einsatz von RFID unter anderem die Fragen nach Eignung und Zuverlässigkeit, nach Zusatznutzen sowie nach der Rentabilität zu stellen. Bevor man sich also RFID auf die Fahnen schreibt und als strategische Geschäftskomponente deklariert, empfiehlt es sich, diese Fragen genauestens zu prüfen und ggf. in kleinen Pilotbereichen zu testen. Nicht selten führen nämlich schlecht vor bereitete Umstrukturierungen – und hierzu zählen auch RFID-Projekte – zu einer Kostenfalle, Frustration und anschließender Aufgabe.
Natürlich gibt es erfolgreiche RFID-Anwendungen, die man zum Benchmark heranziehen kann. Bei genauerem Hinsehen sind sie aber oft nicht eins zu eins auf die Unternehmenslogistik übertragbar: PKWWegfahrsperre, Zugangskontrollen (z.B. an Skiliften), Tieridentifikation, Mautkontrolle. Bei all diesen Lösungen kann der Mensch im Falle von Problemen händisch eingreifen (z.B. Zugangskontrolle), oder man nimmt Fehler innerhalb einer bestimmten Toleranz in Kauf (z.B. Mautkontrolle). Was aber, wenn im Logistikprozess bei der Bulkerfassung (Erfassen vieler Tags in einem Lesevorgang) eine Lesegenauigkeit von 96% erzielt wird? Sind mit den Lesevorgängen Buchungsprozesse z.B. im ERP-System verknüpft, ergeben sich innerhalb kurzer Zeit Bestandsdifferenzen, die zu erheblichen Störungen im Logistikprozess führen. Ohne genaue Prüfung läuft man schnell Gefahr, aus geplantem Nutzen Schaden zu generieren. Bevor man also in die neue Technologie investiert, ist die Anwendbarkeit genauestens zu prüfen. Dazu empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
1. Definition des RFID Einsatzbereiches
Identifikation der Prozesse, der betroffenen Produkte, des Einsatzumfeldes im Hinblick auf die zu erwartenden Optimierungspotenziale und Realisierungsmöglichkeiten. Optimierungspotenziale ergeben sich insbesondere bei der Automatisierung von manuellen Tätigkeiten, Erfassen von Massendaten, Fehlervermeidung, Rückverfolgung bis zum Einzelprodukt.
2. Definition der technischen Spezifikationen
Mit Hinzuziehen von RFID Experten sind unter Berücksichtigung von Umgebungsbedingungen, Materialien, Mengengerüst, Anbindung an die Unternehmens-IT, Tag-Kreisläufe etc. die richtigen Standards und Hardware auszuwählen (siehe Abbildung 1). Dabei ist zu entscheiden, ob man geschlossene Tag-Kreisläufe (d.h. Wiederverwendung der RFID-Tags) oder offene Kreisläufe mit Verlust der Tags wählt. Letzterer kann erheblichen Einfluss auf den erzielbaren ROI haben (siehe Punkt 4).
3. Durchführen einer Machbarkeitsstudie
Vor dem ersten Spatenstich ist die Einsatzmöglichkeit der ausgewählten RFID-Technologie anhand von Pilotinstallationen im konkreten Umfeld durchzuführen. Neben der Lesequalität sollte hier auch die Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte zur Wirkung auf Menschen überprüft werden. Das für diese Tests erforderliche Equipment kann von dem Berater oder entsprechenden Instituten zur Verfügung gestellt werden. Erst wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, und die Machbarkeit nachgewiesen ist, kann über das weitere Vorgehen entschieden werden.
4. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Nach Abschätzung der zu erwartenden Einsparpotenziale durch optimierte Prozesse, Fehlervermeidung, Rückverfolgbarkeit etc. sind die zu tätigenden Investitionen gegenüberzustellen und zu bewerten. Sind von dem RFID-Einsatz unternehmensübergreifende Prozesse betroffen, so sind auch mögliche Einsparungen bei dem Geschäftspartner einzubeziehen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Geschäftspartner sich an den Kosten beteiligt bzw. den Mehrwert entsprechend honoriert.
5. Vorbereitung und Anwendung in einem Pilotbereich
In einem kleinen, überschaubaren Bereich sind die Prozesse mit RFID-Einsatz zu optimieren und anzupassen. Dies ermöglicht das Sammeln von Erfahrungen mit geringem Kostenaufwand und schafft Vertrauen für die spätere Rollout-Phase.
6. Rollout auf andere Bereiche/Produkte
Ein strukturiertes Vorgehen alleine ist jedoch noch kein Garant für eine erfolgreiche Technologieeinführung. Gerade wenn man sich zum ersten Mal mit der trotz Normierung vielfältigen RFID-Technologie und den damit einhergehenden zumeist erforderlichen Logistik- und IT-Anpassungen beschäftigt, ist eine externe Unterstützung nur zu empfehlen. Fehlinvestitionen sind dadurch vermeidbar. Und das Projekt wird in der Regel in kürzerer Zeit bei geringeren Gesamtkosten durchgeführt. Neben dem erforderlichen technischen Know-how ist bei der Auswahl der Experten besonders auf Erfahrungen in der Optimierung der unternehmensinternen und –übergreifenden Geschäftsprozesse zu achten. Schließlich steckt das Hauptpotenzial der neuen Technologie in der Geschäftsprozessoptimierung, die möglichst im ganzheitlichen Ansatz, d.h. ggf. auch mit Einbeziehung von Lieferanten und Kunden, angegangen werden sollte.
Darüber hinaus ist auch die Einführungs- und Umsetzungskompetenz ein entscheidendes Kriterium. Die Auswahl des passenden Dienstleisters ist dabei nicht leicht, denn man findet Anbieter dieser Art nicht wie Sand am Meer. Ideal sind nämlich kleinere, dafür aber hoch spezialisierte Anwendungsberater, die Systemhäuser und Institute im Kompetenznetzwerk flexibel und fallspezifisch hinzuziehen und die es ermöglichen, Produkte verschiedener Hard- und Software-Hersteller zu vergleichen und auch auszuprobieren. Abels & Kemmner ist ein solcher Anbieter, der über mehr als 10jähriges Know-how in der Anwendung von Barcodes und seit neuestem auch RFIDs im innerbetrieblichen und unternehmensübergreifenden Supply-Chain-Management verfügt. Im Fokus steht dabei immer die Effizienz. Diese wird zumeist durch marktsynchronere Produktion und damit Steigerung der Lieferbereitschaft bei gleichzeitiger Senkung der Bestände erzielt. Ist dies möglich – und das ist nach allen bekannten Studien bei den meisten Unternehmen der Fall, amortisiert sich die Einführung von automatischen Erkennungssystemen wie RFID innerhalb kürzester Zeit.