Kaufen Investoren Unternehmen, suchen sie die zur oftmals erforderlichen Umstrukturierung benötigten liquiden Mittel auch im neuen Unternehmen. Häufig steckt ein großes Liquiditätspotenzial in Überbeständen.
von Armin Klüttgen1 und Thomas Körfer2
Sie abzubauen, schafft zinslose Liquidität, fördert die Marktorientierung und optimiert zudem die Substanzwerte des Unternehmens. Abels & Kemmner hat für einen Investor in der Automobilzuliefe industrie eine entsprechende Potenzialan lyse innerhalb von 14 Tagen durchgefüh Das Ergebnis: Alleine durch Bestandsredi zierungen können rund 20 % der geplant( Investitionen vom Unternehmen selbst aL gebracht werden.
Der durchgeführte Rapid-Scan bei der Alpha GmbH” –einem Automobil-Zulieferunternehmen mit mehreren, international verteilten Produktionsstandorten und Ländervertretungen – unterschied sich von einer klassischen logistischen Potenzialanalyse insbesondere dadurch, dass das Projekt in einer ungewöhnlich hohen Geschwindigkeit und Intensität durchgeführt wurde. Binnen 14 Tagen mussten die Wertschöpfungskette, das logistische Geschäftsmodell, die Kundenstruktur, die Absatzplanung sowie die Produktstruktur durchleuchtet werden. Ebenso wurden die Marktlage, die Prozesse in Planung und Disposition sowie die Güte der Datenquellen analysiert. Von Projektstart bis zum Tag der Abschlusspräsentation vergingen dabei gerade einmal 13 Kalendertage.
ZIELSETZUNG: MÖGLICHST VIEL LIQUIDITÄT FREISETZEN
Die bestehende Forderung des Projektes war es, kurzfristig ein Konzept vorzulegen, mit dem bis Ende 2010 die vorhandenen Bestände deutlich reduziert werden können, um mit diesen liquiden Mitteln einen möglichst großen Teil des Investinents zinslos aus dem Unternehmen finanzieren zu können. Zudem sollte über geeignete Kurzfristmaßnahmen auch schon in den letzten Wochen des Jahres 2009 eine entsprechende Entwicklung angestoßen und erste Bestandssenkungen erzielt werden, um so eine auslaufende Kreditlinie zinslos selbst zu finanzieren. Neben der nachhaltigen Verbesserung der Planung und Disposition wurden deshalb u. a. Sondermaßnahmen für die Artikel entworfen, bei denen es aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise einen Strukturbruch im Verbrauchsverhalten gab.
HOCHPRÄZISE ERGEBNISSE IN KÜRZESTER ZEIT
Um alle erforderlichen Daten in entsprechend kurzer Zeit bereitstellen zu können, wurden die Daten- und die Prozessanalyse parallelisiert Zudem wurden kurzfristig mehrere Bestandstreiberworkshops abgehalten, um so den zum Teil sehr hohen Einzelbeständen schnell und schlagkräftigbegegnen zu können. In Reorganisationsprozessen ist es erforderlich, schnell neue Strukturen zu schaffen. Dies erfordert, dass Berater neben der Kompetenz im Bestandsmanagement auch die Klaviatur für Reorganisationsprozesse beherrschen, denn hier geht es um schnelle Top-Down Entscheidungen, die oft zu parallelen Projektschritten und Entscheidungen führen und dem verantwortlichen Projektmanager hohes Können und ausreichende Routine abverlangen. Mit den beiden Standbeinen sowohl im Sanierungs- als auch im Bestandmanagement-Geschäft war A&K deshalb ein idealer Partner für dieses Projekt.
DAS ERGEBNIS
Defensive Berechnungen des Rapid-Scans zeigten 26 % nachhaltiges Bestandsreduzierungspotenzial auf, das innerhalb eines Jahres zu erreichen ist. Bereits während der Bestandstreiber-Workshops konnten zudem Liquiditätspotenziale in Höhe von rund C 100.000,- identifiziert und noch am selben Tag zur Freisetzung veranlasst werden. Die auslaufende Kreditline konnte so komplett selbst abgefedert werden.
RAPID SCAN TAG 1
Am ersten Tag des Projektes gelang es binnen weniger Stunden, die Simulationssoftware DISKOVER SCO an das produktive SAP-System anzudocken und somit alle relevanten und aktuellen Daten für die durchzuführenden Analysen zu erfassen. Am Ende des Tages lagen bereits die Ergebnisse einer ABC- und XYZ-Analyse vor und erste Erkenntnisse über Verbrauchsregelmäßigkeiten und Planbarkeit einzelner Artikel sowie vorhandene Bestandsstrukturen wurden offenbar. Parallel zur Erarbeitung der ersten Datenanalysen begann am ersten Tag ebenfalls die Prozessanalyse, die durch die gesamte Wertschöpfungskette hindurch vom Markt kommend und bei den Lieferanten endend „stromaufwärts” einen Überblick über die Situation sowie besondere Aufgaben- und Problemstellungen ermöglichte.
RAPID SCAN TAG 2 – 8
Die von Beginn an praktizierte parallele Daten- und Prozessanalyse im Projekt wurde konsequent fortgesetzt. Im Rahmen der Bestandstreiber-Workshops arbeitet das Projektteam die Ursachen von Überbeständen heraus.
Die Bestandstreiber-Workshops erforschten die Geschichte hinter jedem einzelnen Artikel, wobei vorausgehende Datenanalysen in SAP sowie in DISKOVER SCO die Artikel identifizierten, die einer näheren Betrachtung bedürfen. Zudem wurden mögliche Maßnahmen zum Abbau der Überbestände und zur Vermeidung solcher Situationen in der Zukunft erarbeitet. Wesentliche Bestandstreiber bei der Alpha GmbH waren beispielsweise:
- teilweise falsche Dispositionsmethoden
- fehlerhafte Vorplanung und kein Monitoring der Vorplanung
- kein durchgängiger Planungsprozess von der Absatzplanung bis zum Einkauf
- Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen den eigenen Standorten mit Bull-WhipEffekt
- keine harmonisierten Losgrößen
- Neuanlaufprozess nicht klar geregelt
- Datenqualität im ERP-System
- rudimentäre Nutzung vorhandener möglicher Systemunterstützung
- Projektgeschäft, bei dem zugesagte Startzeitpunkte verschoben werden oder Mengen reduziert bzw. ganz zurückgezogen werden
In Summe hatten diese und andere Bestandstreiber in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Lagerumschlagsraten und Bestandsreichweiten nicht zufriedenstellend waren. Der kurz- und mittelfristige Handlungsbedarf zeichnete sich deutlich ab.
RAPID SCAN TAG 9- 72
Im letzten Drittel des Rapid Scans galt es, schnellstmöglich die Ergebnisse der Simulationen und die Erkenntnisse aus den ProzessAufnahmen und Bestandstreiber-Workshops in Handlungsempfehlungen und Maßnahmen zu gießen. In der Simulation wurde ein Gesamtreduzierungspotenzial von ca. 26 % festgestellt. Der Bestandsabbau alleine durch den normalen Verbrauch hätte jedoch zu viel Zeit benötigt. Zur Realisierung der gesamten Bestandsreduzierung bis Ende 2010 sah I das Konzept deshalb neben mittelfristig wirkenden verbesserten Planungsstrategien und Dispositionsmethoden auch einen umfangreichen Katalog kurzfristig greifender Sondermaßnahmen vor.
Insbesondere die Prüfung von Umbaumöglichkeiten bestehender Produkte war hier wichtig.
Zur nachhaltigen Reduzierung der Bestände wurden über die Sondermaßnahmen hinaus weitere Aktivitäten angestoßen. Thematische Schwerpunkte dabei waren:
- Strategische Maßnahmen: Überprüfung und Optimierung des logistischen Geschäftsmodells
- Prozessoptimierung: Verbesserung von Absatzplanung und Disposition
- Methoden- und Parameteroptimierung: Aufbau von Entscheidungstabellen zur Dispo-Parameteroptimierung
- Produkte: logistische Optimierung des Artikelsortiments
- Aufwand und Prozesseffizienz: Verbesserung der Systemunterstützung und der Kenntnisse über die richtige Systemhandhabung
- Mitarbeiterqualifikation und Motivation: Ausbau des Planungs- und SteuerungsKnow-hows der Mitarbeiter
RAPID SCAN TAG 13: DAS KONZEPT
Die aufgeführten Maßnahmenpakete wurden von A&K in das Gesamtkonzept einer nachhaltig schlanken Lösung zur Freisetzung unnötig gebundener liquider Mittel gegossen. Dieses umfasst alle drei Stoßrichtungen eines systematischen Bestandsmanagements (vgl. Abb.).
FAZIT
Durch die Verbindung von Sanierungs- und Restrukturierungserfahrung mit der Expertise im Bestandsmanagement ist A&K in der Lage, solche Projekte, die unter „normalen Bedingungen” möglicherweise in 3 Monaten durchgeführt würden, binnen 14 Tagen umzusetzen. 26 % Bestandsreduzierungspotenzial und € 100.000,-Sofortreduzierung sprechen zudem eine klare Sprache.
1Armin Klüttgen ist Principnl bei der Abels & Kemmner GmbH.
2Thomas Körfer ist Consultant bei der Abels & Kemmner GmbH.
Der Name des Unternehmens wurde zur Wahrung des Vertrauensschutzes in Alpha GmbH geändert.