von Armin Klüttgen
Gemeinsam mit Abels & Kemmner hat GAH Alberts die Bestände drastisch gesenkt. Dabei wurden neben kurzfristig wirksamen Maßnahmen auch eine langfristige und besser aufeinander abgestimmte Verzahnung von Produktion und Lager auf den Weg gebracht.
Beim Bestandsoptimierungsprojekt von GAH Alberts, bei dem die Bestände drastisch um 30 Prozent gesenkt werden sollten, galt es zwei Besonderheiten zu berücksichtigen: Zum einen stand die einzuhaltende Lieferbereitschaft besonders im Fokus, da die Bau-märkte als Kunden sehr hohe Anforderungen an die zu erreichende Lieferquote stellen. Zum anderen stellt GAH insbesondere Produkte her, die einem extrem starken Saisonverhalten unterliegen, da viele Produkte für den Gartenbereich hergestellt und verkauft werden.
Dabei reichen in der Hochsaison die verfügbaren Kapazitäten in der Produktion nicht aus, vollständig marktsynchron zu fertigen. Man muss also die Mengen, die man plant zu verkaufen, teilweise schon Wochen oder gar Monate vor dem geplanten Absatz fertigen. Die Folgen einer ungenauen Absatzplanung liegen dabei auf der Hand: Absätze können wegen fehlenden Materials nicht realisiert werden und andere Materialien verbleiben als Ladenhüter im Lager.
Um die Planung und Disposition zu verbessern, startete GAH ein Projekt, das in einem ersten Schritt einen schnellen Bestandsabbau zum Ziel hatte. Erst nach diesem ersten Schritt wurde die systematische und nachhaltige Reduzierung der Bestände umgesetzt. Der Vorteil dieser Strategie ist, dass man schnell Liquidität schafft und erst danach die Nachhaltigkeit implementieren muss.
Diese Strategie wird in der Branche als Quick-Win bezeichnet. Das mag ein wenig nach Kahlschlag klingen. „Solche Aktionen sind jedoch nicht gemeint, denn sie führen nach ersten schnellen Erfolgserlebnissen sehr schnell zu einem späteren Quick-Loss”, sagt Armin Klüttgen, Principal beim Beratungsunternehmen Abels & Kemmner GmbH, das die Maßnahmen umsetzte.
Wirklich sinnvolle Maßnahmen zur Erzielung von Quick-Wins zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Wesentlichen im bestehenden planerischen und logistischen Umfeld stattfinden. Sie unterliegen keiner rollierend wiederkehrenden Optimierung und sind daher eher statische Aktionen mit Einmal-Charakter. Trotzdem werden die zu hebenden Potenziale systematisch und wohl strukturiert identifiziert, die durchzuführenden Schritte sorgfältig erarbeitet und die Auswirkungen der Handlungen regelmäßig überprüft. „Ziel dabei ist”, so Klüttgen weiter, „die schnelle Erzielung wirtschaftlicher Erfolge.”
Nach einer Grobaufnahme der Prozesse, ersten Simulationen und Durchführung von Bestandstreiber-Workshops wurde ein Set von Maßnahmen definiert, die kurzfristig zur deutlichen Reduzierung der Bestände führen sollten. Dabei zeigte sich, welche die Top-100-Artikel mit Bestandsreduzierungspotenzial waren. Diese wurden dann im Detail nach Bestandsursachen hinterfragt, teilweise dispositiv umgestellt oder auch über geeignete Verwendung abgebaut. Ergebnis der Bemühungen zur Erzielung von Quick-Wins war, dass nach rund vier Monaten die Bestände schon um mehr als 13 Prozent gesunken waren, während die Lieferbereitschaft nicht nachgegeben hatte.
Während die Kurzfristmaß-nahmen noch weiter wirkten, wurde parallel damit begonnen, Planung und Disposition langfritig zu optimieren. Das Konzept sah vor, immer dort, wo möglich, von der bisher verfolgten Push-Strategie in der Nachbevorratung auf eine Pull-Strategie umzustellen. Bisher wurden lediglich zweimal pro Jahr Vorplanwerte in das System eingetragen. Zukünftig wird ein großer Teil des Artikelspektrums deutlich kurzfristiger verbrauchsgesteuert geplant und disponiert.
Wenn man wie bei GAH Alberts teilweise Monate vorher für die neue Saison vorfertigen muss, dann steht man einem ganz besonderen Problem gegenüber: Der Zeitpunkt des Absatzes liegt noch in weiter Ferne, aber man muss trotzdem entscheiden, welche Produkte man vollständig ausspezifiziert produziert und ins Lager legt. Gelingt es nicht, diese Problemstellung zu lösen, gefährdet man die optimale Bestandsstruktur und die gewünschte Lieferbereitschaft.
Bei GAH Alberts orientiert man sich nun bei der Steuerung der Produktion an einer klaren Kategorisierung der Produkte. Regelmäßig laufende Artikel werden beispielsweise in der Produktion als erstes vorgezogen, da bei diesen das Risiko als Ladenhüter zu enden, geringer ist. Die korrigierte Produktionssituation wird anschließend zur Ermittlung korrigierter Meldebestände herangezogen.
„Durch die ergriffenen Maßnahmen haben wir es geschafft, die Kosten zu reduzieren und gleichzeitig die vorgegebene Lieferbereitschaft herzustellen”, sagt Stefan Thomas, Bereichsleiter Logistik bei GAH in Herscheid. „Man hat in Planung und Disposition neue Strategien und Prozesse etabliert, die ergänzt um deutlich erweiterte Systemunterstützung die gewünschte Performance und Planungsqualität erzielen”, so Thomas weiter. Über die Realisierung von Quick-Wins und die schnelle Überführung in Permanent-Wins habe man beeindruckende Ergebnisse erzielt. „Nach einer Bestandsreduzierung von 13 Prozent in vier Monaten standen nach neun Monaten um 53 Prozent reduzierte Bestände zu Buche”, unterstreicht auch Jose Manuel Garcia Hidalgo, Leiter des Dispositionszentrums in Herscheid. Durch die ergriffenen Maßnahmen sei nun der Permanent-Win auf den Weg gebracht.