Es ist bedrückend, den Zusammenbruch der Lieferketten live mitzuerleben. Der Großteil der Produktions- und Handelsunternehmen ist davon betroffen. Die zunächst berechtigte Hoffnung auf Besserung der weltweiten Lieferprobleme ist mit der nächsten Krise gleich wieder gestorben. Und ein Ende dieser Situation ist lange nicht abzusehen, womöglich wird sie sich noch verschärfen.
Die vielfach ausgegebene Devise an die Beschaffer „Kauf alles was du kriegen kannst“ funktioniert nun nicht mehr. Am Anfang war sie vielleicht aufgrund mangelnder Notstrategien richtig, um Engpässe möglichst zu vermeiden. Aber nach zwei Jahren dieser Misswirtschaft werden die Folgen offensichtlich. Die Läger laufen voll mit panikartig bestelltem Material, das aber nicht wie erwartet nachgefragt wird. Die Bestände bauen sich nicht ab, da wegen der Engpassmaterialien wie Elektronikkomponenten die Produktion ins Stocken geraten ist. Die Lagerkapazitäten werden knapp genauso wie Ladungsträger und Behälter. Die Liquidität der Unternehmen ist zunehmend im Lagerbestand gebunden. Die Kosten steigen in die Höhe. Explodierende Energiepreise und steigende Zinsen verschlimmern das Desaster noch.
Besonders Leidtragende sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dem täglichen Stress ausgesetzt sind. Sie versuchen aufopferungsvoll, das Unmögliche möglich zu machen. Mit persönlichem Einsatz und Engagement kämpfen sie an vorderster Front und halten die Prozesse bestmöglich im Fluss. Oft vergebens. Das frustriert und macht auf lange Sicht krank. Auch hier sind die Führungskräfte gefordert, Vorkehrungen zu treffen und ihr Personal zu schützen.
Was ist zu tun? Die Krisen werden so schnell nicht vorbei sein. Trotzdem benötigen wir Strategien, die den aktuellen Anforderungen gerecht werden. Folgende Punkte sollten darin enthalten sein:
- Alertmechanismen in der Beschaffungskette, die aktiv auf Schiefstände und Probleme in den Lieferketten hinweisen.
- Durchgängige Digitalisierung der Prozesse mit Anbindung aller Dienstleister und Lieferanten für einen schnellen Informationsfluss und kurze Reaktionszeiten.
- Transparenz in der Beschaffungskette mit Abbildung des Machbaren und nicht „was wäre möglich, wenn alle Komponenten und Kapazitäten verfügbar wären“.
- Abgestimmte, automatisierte Regelwerke, die Planungsparameter situationsgerecht einstellen und Beschaffungselemente intelligent anpassen.
- Mehr Automatismen zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Routineaufgaben.
- Abgestimmte Eskalationsroutinen beim nächsten Eintreffen von kritischen Situationen.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, aber wir sollten zunächst einmal die Hebel dort ansetzen, wo wir größere Effekte sehen, um das Personal zu entlasten und Kosten zu vermeiden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, ein glückliches Händchen und auch die erforderliche Geduld!
Mit besten Grüßen
-Bernd Reineke-