Wer kennt sie nicht, die gute alte Werbung von Praktiker: „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“. Mit diesem Slogan warb die große Deutsche Baumarktkette über viele Jahre und lockte damit massenhaft Kunden in ihre Filialen. Der Slogan war derart Kult, dass er sogar den Witz hervorbrachte, dass Chuck Norris, der dafür bekannt war das Unmögliche möglich zu machen, auch 20 Prozent auf Tiernahrung bekäme.
Ich muss Ihnen vermutlich nicht erzählen, wie die Sache mit Praktiker ausgegangen ist: In 2013 war Schluss. Denn mit derartigen Daueraktionen konnte Praktiker zwar viele Kunden in die Läden locken, aber eine vernünftige Marge konnte die Kette nicht mehr erzielen.
Ich hatte diesen guten, alten Slogan gar nicht mehr auf dem Radarschirm, bis ich Ende letzten Jahres bei einem Kundenprojekt über eine derartige Aussage stolperte. Dem besagten Kunden ging es wirtschaftlich gut, aber er rannte gefühlt immer den Endkundenbedarfen für seine Produkte hinterher. Es gelang oftmals nicht, die richtigen Kaufteile in den richtigen Mengen zu bekommen, was dazu führte, dass besagter Kunde regelmäßig nicht das produzieren konnte, was vom Markt gebraucht wurde. Und um dem ein für alle Mal ein Ende zu bereiten, wurde der „Praktiker-Hammer“ ausgepackt: Auf alle Bestellungen wurden für mehrere Monate einfach mal 20 Prozent draufgepackt. Sogar für exotische Komponenten wurde keine Ausnahme gemacht, da wo Praktiker zumindest noch so vernünftig war, eine Produktgruppe wie Tiernahrung von seinen Aktionen auszuschließen.
Bei besagtem Kunden lag die Vorgehensweise, einfach mal 20 Prozent auf alle Bestellungen draufzupacken daran, dass man mit den bestehenden Prozessen und Systemen leider nicht gut unterscheiden konnte, in welchen Fällen sich extra Bestellmengen lohnen könnten. Und daher wollte man auf Nummer sicher gehen und hat einfach 20 Prozent auf alles draufgepackt.
Natürlich kam es, wie es kommen musste: Die Verfügbarkeit der Komponenten verbesserte sich zwar, aber der Preis für den Schuss mit der Schrotflinte waren Überbestände für viele Kaufteile, bei denen es vor der Erhöhung der Bestellmengen keine oder kaum Probleme gab. Als Folge rücken die Bestände dann typischerweise schnell mal auf eine ganz andere Weise in den Fokus der Geschäftsleitung und es wird die Bestandspeitsche rausgeholt.
In einer detaillierten Analyse haben wir besagtem Kunden geholfen, die Stammdaten pro Produkt bzw. Produktgruppe so einzustellen, dass Bestände hochgehalten werden, wo sie tatsächlich Sinn ergeben und gezielt abgebaut werden, wo das problemlos gemacht werden konnte. Aber es wird sicherlich viele Monate dauern, bis man sich komplett erholt hat von den „Praktiker-Praktiken“. Seien Sie also vorsichtig mit pauschalen Ansätzen: Manchmal ist es besser, nicht nur Tiernahrung von gewissen Aktionen auszuschließen…
Herzliche Grüße,
Ihr Dirk Ungerechts