Die Kosten des Nichthandelns

Die Kosten des Nichthandelns

Wenn das Geld knapp ist, wird gespart. Das ist eine intuitive Reaktion, die viele Unternehmen und Privatpersonen teilen. Doch Sparen allein garantiert nicht den Erfolg. Man kann auch falsch sparen und damit die finanzielle Lage noch weiter verschlechtern. Ähnlich wie ein Autofahrer, der Wartungen ignoriert, um Geld zu sparen, und später hohe Reparaturkosten zahlen muss, stehen Unternehmen vor der Herausforderung, zwischen Handeln und Nichthandeln abzuwägen. Angesichts der aktuellen herausfordernden Zeiten wird dabei häufig übersehen, dass Nichthandeln oft weitaus teurer ist; das gilt vor allem für das Bestandsmanagement.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen viele Unternehmen unter großem Druck, ihre Kosten zu senken. Dieser Druck führt dazu, dass Projekt- oder Investitionsentscheidungen häufig verschoben werden. Dabei wird der Fokus stark auf die direkten und sofort sichtbaren Kosten des Handelns gelegt. Die Einführung neuer Technologien, die Schulung von Mitarbeitern oder die Modernisierung von Prozessen kosten erst einmal Geld, ehe sie Geld einbringen und werden dann gerne in die Zukunft verschoben.

Da werden beispielsweise IT-Investitionen herausgeschoben, um Lizenzkosten für die neue Software zu sparen, da werden Beratungsprojekte nicht angegangen, um das Beraterhonorar zu sparen. Einseitig betrachtet spart dies Geld, aber bereits mittelfristig entstehen hohe Wartungs- und Kompatibilitätsprobleme oder unternehmerische Ziele, wie Kundenzufriedenheit oder Verringerung der Kapitalbindung werden nicht erreicht.

Ein Teil der Kosten des Nichthandelns wird dann später bemerkt, wenn die Folgen – wie hohe Reparaturkosten oder Kundenverluste – bereits eingetreten sind. Bei einem anderen Teil macht man sich die Kosten des Nichthandelns nicht bewusst, obwohl sie sich in den Jahresabschlüssen durch erhöhte Kosten, geringere Erträge und enge Liquidität ausdrücken, weil von den schlechten Zahlen des Jahresabschlusses nicht auf die eigentlichen Ursachen geschlossen werden kann.

Gerade im Supply Chain Umfeld treffen wir immer wieder auf diesen zweiten Effekt. Da werden seit Jahren hunderttausende Euro an Kosten mitgeschleppt, die nicht notwendig wären oder Millionen an möglicher Liquidität versenkt. Aber niemand auf der Geschäftsführungsebene kümmert sich groß darum, weil man diesen Rucksack an Kosten und Kapitalbindung schon seit langem mit sich herumschleppt.

Die Kosten dieses Nichthandelns sind mittelfristig immer weiter erodierende Erträge, die zuweilen durch vertriebliche Erfolge verdeckt werden. Aber gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird Umsatzsteigerung schnell schwierig.

Viele Jahre war ich in der Unternehmenssanierung tätig und habe immer wieder dieselbe Situation vorgefunden:
Aus Angst vor den Kosten des Handelns, hat man das Nichthandeln gewählt oder versucht, ein erkanntes Problem intern zu lösen, bis die Situation so schlecht war, dass man sich das Handeln nicht mehr leisten konnte. Es sind in der Praxis viel seltener die Vertriebsprobleme, die ein Unternehmen in die Insolvenz treiben als die Erosion der Erträge, durch Kostensteigerungen.

Meine Erfahrung aus den Sanierungsprojekten hat mich gelehrt, dass man sich in den guten Zeiten für die schlechten vorbereiten muss und deshalb nie „Wartungsrückstände“ an der eigenen betrieblichen Infrastruktur, der betrieblichen Organisation und der betrieblichen Effizienz aufkommen lassen sollte. Wenn es hart kommt, bleibt dann weder Geld noch Zeit, die Probleme zu lösen.

In Deutschland geht es in vielen Branchen den Unternehmen inzwischen schlecht und bei vielen, nicht nur manchen, wird der Wartungsrückstand nicht mehr so schnell aufgeholt werden können, wie es angesichts der Lage notwendig wäre.

Was jetzt getan werden muss, ist erst einmal dort zu investieren, wo sich kurzfristig die größten Erträge ergeben und die größte Liquidität gewonnen werden kann. Und damit sind wir bei einem Kerngebiet des Supply Chain Managements:

Bestände und Liquidität

In allen Sanierungsprojekten, an denen ich über viele Jahre beteiligt war, haben wir immer bedeutende Liquidität aus der Verringerung von Beständen ziehen können. Mit den verringerten Beständen wurde die Kostenfront entlastet und mit der gewonnenen Liquidität konnten wir weitere Kostensenkungsmaßnahmen finanzieren.

Die meisten Unternehmen haben Überbestände, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. Überbestände sind nicht für den Erhalt der Lieferbereitschaft erforderlich; auf sie kann ohne Schaden verzichtet werden. 50 % der Überbestände lassen sich im Durchschnitt aller Unternehmen innerhalb von sechs Monaten abbauen.

Gerade beim Bestandsmanagement sind die Kosten des Nichthandelns sehr hoch.  Nirgends im Unternehmen ist Liquidität einfacher zu holen als im Bestandsmanagement. Und die Liquidität ist der entscheidende Hebel für alle weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens!

Hinweis:

Wenn Sie wissen wollen, wie groß Ihre Überbestände sind und Sie kein DISKOVER-System im Einsatz haben, das diese Werte auf Artikelebene detailliert ausweist, können wir Ihnen mit unserer kostenlosen und unverbindlichen Bestandspotenzial-Analyse eine Antwort geben. Die dafür erforderlichen Artikelstammdaten haben Sie normalerweise innerhalb von 30 Minuten zusammengestellt.

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Prof. Dr. Andreas Kemmner