Zwischen Forderung und Realität: Warum der Bürokratieabbau so schwierig ist
Unternehmen müssen zahlreiche Vorschriften einhalten – darunter Regelungen im Steuerrecht, Arbeitsrecht, Datenschutz (DSGVO) und Umweltauflagen. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) schätzt, dass Bürokratiekosten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) jährlich Milliarden kosten. Laut ifo Institut verliert Deutschland durch übermäßige Bürokratie bis zu 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung. Ein besonders kritischer Punkt ist die Dauer von Genehmigungsverfahren, die Bau- und Investitionsprojekte oft erheblich verzögern. Viele weitere belastende Faktoren sind hier noch nicht einmal berücksichtigt.
Kein Wunder also, dass sich Unternehmer zu Recht über die wachsende Bürokratie beschweren und von der Politik schnelle Maßnahmen fordern. Die Stiftung Familienunternehmen sieht den Bürokratieabbau sogar als wichtigste Aufgabe der nächsten Bundesregierung.

Trotz dieser berechtigten Forderungen beschleicht mich jedoch ein ungutes Gefühl. Es ist leicht, eine effizientere Verwaltung zu verlangen – doch die Umsetzung erfordert tiefgreifende strukturelle Veränderungen, die in der Verantwortung anderer Institutionen liegen. Jeder erfahrene Unternehmensführer weiß jedoch, wie aufwendig solche Transformationsprozesse sind. Der geforderte Bürokratieabbau ist vergleichbar mit einem großen internen Projekt in Unternehmen, etwa der Ablösung eines ERP-Systems.
Oft wird ein veraltetes System viel zu lange genutzt, selbst wenn Mitarbeiter zunehmend an ihm vorbeiarbeiten und sich mit Excel eine Parallelwelt aufbauen. Der interne Aufwand wächst stetig, bis schließlich kein Weg mehr an einem Wechsel vorbeiführt. Doch dann zeigt sich, wie schwierig Veränderung ist: Mitarbeiter reagieren verunsichert oder haben sogar Angst, weil sie um ihre Arbeitsweise – oder gar ihren Arbeitsplatz – fürchten. Es müssen eingespielte Abläufe verändert werden, der Umgang mit neuen Systemen gelernt sowie Daten erarbeitet und eingegeben werden. Dies bedeutet einen Riesenkraftakt für das ganze Unternehmen. So ergeht es auch den Behörden, Ämtern und Institutionen.
Wir sollten weiterhin den Bürokratieabbau fordern, uns aber bewusst sein, dass dieser Prozess Zeit und Unterstützung braucht. Jeder Einzelne sollte prüfen, wie er diesen Wandel aktiv fördern kann. Gleichzeitig sollten Unternehmen hinterfragen, ob nicht auch ihre eigene interne Bürokratie optimiert werden kann – denn hier liegt oft ein noch viel größeres Potenzial!