Die drei Affen der Organisationsoptimierung

Manchmal kann es nerven, dieses „Schneller, Höher, Weiter“, das wir in unseren Unternehmen ständig betreiben müssen, um am Ball zu bleiben. Wer jedoch aufhört besser zu werden, hört auf gut zu sein. Diese Erkenntnis klingt abgegriffen, weil wir sie uns ständig mahnt, Produktivität und Effizienz in unseren Unternehmen voranzutreiben.

Produktivitätssteigerungen resultieren nur zu einem Teil aus rein technischen Verbesserungen bei Maschinen, Anlagen und im Software- und im Hardwarebereich. Viele technische Verbesserungen lassen sich nur gewinnbringend nutzen, wenn wir die beteiligten Menschen zum Mitmachen bewegen und ein weiterer Teil der Produktivität beruht alleine auf der Bereitschaft der Mitarbeiter, sich neuen Organisationsabläufen zu fügen.

Leider ist es mit der Begeisterung, zumindest bei einem Teil der Mitarbeiter in unseren Unternehmen, neue Ideen aufzugreifen und zu erproben, neue Organisationsabläufe zu akzeptieren oder neue Denkweisen auszuprobieren, nicht weit her.

Wer sich mit Organisationsveränderungen beschäftigt, kennt die drei Affen, mit deren Widerstand er zuverlässig rechnen kann. Genau wie die drei Artgenossen, die  nicht sehen, hören und sprechen wollen, verweigern sich auch diese der Realität: „Das haben wir noch nie gemacht!“, „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Das machen wir im Prinzip schon so!“, heißt es dann.

Dabei ist die dritte Argumentation die geschickteste, denn sie erkennt die neuen Ideen vordergründig erst einmal an, relativiert aber deren Effekte. Ich verweise in solchen Fällen immer darauf, dass Seifenkistenrennen und Formel 1 Rennen im Prinzip auch dasselbe machen; allerdings auf ganz unterschiedlichen Niveaus.

Um die Frage, warum Organisationsveränderungen auf Widerstände stoßen und wie man diese Widerstände überwinden kann, kümmert sich jedes zweite Managementbuch. Von einer Patentstrategie, die immer wirkt, habe ich allerdings noch nichts vernommen. Eine solche Patentstrategie wird es wohl auch nicht geben, denn gelegentlich ist Widerstand notwendig, weil nicht jedes neue organisatorische Konzept sinnvoll ist.

In über zwanzig Jahren in der Praxis habe ich für mich drei Strategien identifiziert, die mir immer wieder geholfen haben, Widerstände bei neuen technischen und organisatorischen Konzepten in Logistik und Produktion zu überwinden: Entschiedenheit der Entscheider, Sachargumente statt Beschwörungsformeln sowie kleine Gruppen von Betroffenen.

Die Entschiedenheit der Entscheider ist durch nichts zu ersetzen. Wie ein Hund das Zögern seines Herrchens fühlt, so hat die Belegschaft ein Gespür für das Zögern des Chefs. Wenn der Chef nicht entschieden für die neue Lösung ist, dann werden die drei Affen sofort aus dem Käfig geholt. In Sanierungsprojekten, in denen es auf schnelle und entschiedene Maßnahmen ankommt, weise ich alle darauf hin, dass jeder nur die Wahl hat, Teil der Lösung oder Teil des Problems zu sein. Dies wirkt allerdings nur nachhaltig, wenn diejenigen, die sich für die Seite des Problems entschieden haben, auch zügig die Konsequenzen zu tragen haben. Viele, auch höhere Manager, sind eher Verwalter als Gestalter.

Veränderungsargumentationen werden häufig in Diskussionsschlachten ausgetauscht, die viel mit unterschiedlicher innerer Überzeugung der Beteiligten zu tun haben, aber wenig mit Zahlen, Daten und Fakten.

Zumindest auf mittleren und höheren Hierarcheebenen in Unternehmen, die ein gewisses Verständnis für die Gesamtzusammenhänge haben, vermögen Fakten zu überzeugen – wenn man sie auf den Tisch legen kann. Das erfordert neue Ansätze bei der Konzeption und Erprobung von Lösungen, wie beispielsweise Simulationsmethodiken. Natürlich erfordern letztere auch wieder eine hohe Qualifikation und Routine bei denjenigen, die die Simulationen durchführen. Der Simulationsansatz erfordert deshalb zumeist – zumindest heute noch – den externen Berater.

Will man viele Menschen von seinen Argumenten überzeugen, kostet dies zumindest viel Kommunikationszeit und Schulungsaufwand. Wenn die Lösung anschließend nicht so gelebt wird, wie vorgesehen, sieht man sich oft einer grauen Masse gegenüber, in der sich diejenigen, die unwillig, nicht ausreichend qualifiziert und – seien wir ehrlich – nicht qualifizierbar sind, kaum identifizieren lassen. Sofern möglich, ist es meist erfolgreicher, nach dem Prinzip Perlenkette vorzugehen und eine kompakte, in sich bereits strahlende Projektperle nach der nächsten auf die Kette der Veränderungen aufziehen. Wenige Betroffene lassen sich mit weniger Aufwand überzeugen und qualifizieren, können sich nicht so einfach verstecken und sind einfacher nachzuschulen.

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Prof. Dr. Andreas Kemmner