Meissen optimiert Disposition mit DISKOVER von SCT

Meissen optimiert Disposition mit DISKOVER von SCT

Manufaktur mit modernster Produktionssteuerung

Von Andreas Capellmann und Sophia Strathmann et al.*

Während sich große industrielle Serienfertiger derzeit darauf einstellen, Kundenwünsche mit Industrie 4.0 Technologien in Richtung Losgröße 1 zu bewegen, ist dies bei Manufakturen wie Meissen seit Jahrhunderten Programm. Meissen arbeitet nun daran, die Durchlaufzeiten deutlich zu beschleunigen und die Lieferbereitschaft über das gesamte Portfolio hinweg zu erhöhen. Durch den Einsatz der Advanced Planning & Scheduling Software DISKOVER von SCT Supply Chain Technologies konnten bereits große Fortschritte erzielt werden.

Die Porzellan-Manufaktur Meissen, Europas erste Porzellanmanufaktur, steht seit ihrer Gründung im Jahre 1710 für einzigartiges Kunsthandwerk und exklusive Ästhetik. MEISSEN® gehört zu den ältesten und international bekanntesten deutschen Marken, unverwechselbar zu erkennen an den bis heute handgemalten gekreuzten blauen Schwertern. Die Kreationen verkörpern eine besondere Schönheit und Sinnlichkeit  jenseits rein funktionaler Designs und werden so zum Ausdruck eines besonderen Lebensgefühls. Und wer dieses Lebensgefühl liebt, profitiert sogar nachweislich von einer hohen Werthaltigkeit sowie von einem Service der Spitzenklasse: fast jedes Produkt, das seit 1710 gefertigt wurde, kann auch heute noch bestellt werden.

Wirtschaftliche Herausforderungen meistern

Trotz dieser herausragenden Marktstellung hatte Meissen in den letzten Jahren große Herausforderungen zu meistern. Im Kontext einer strategischen Neuorientierung sollte jetzt auch die Disposition optimiert werden. Das Ziel war es, die Durchlaufzeiten zu verringern und Verfügbarkeiten zu erhöhen, um letztlich Absatzpotenzial und Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Meissen steht für Schönheit und Sinnlichkeit weit jenseits rein funktionaler Designs. Dennoch muss die Disposition der rund 50.000 SKUs perfekt funktionieren.
Meissen steht für Schönheit und Sinnlichkeit weit jenseits rein funktionaler Designs. Dennoch muss die Disposition der rund 50.000 SKUs perfekt funktionieren. (© Staatliche Porzellanmanufaktur Meissen)

Materialfluss optimieren, um Durchlaufzeiten zu reduzieren

Ausgangsbasis der damaligen Organisation war ein Auftragsabwicklungssystem auf Basis von Oracle. Mit ihm ließ sich zwar sehr effizient die Ablauforganisation der Manufaktur regeln. Es konnte aber nicht der damit verbundene Materialfluss und die damit verbundenen Durchlaufzeiten und Lagerstufen gesteuert werden. Der Effekt war, dass die Durchlaufzeiten für Produkte sehr hoch waren; und wollte man eine hohe Lieferbereitschaft erreichen, führte das zwangsläufig zu einem großen lagerhaltigen Sortiment mit hohen Fertigwarenbeständen. Die auftragsbezogene Fertigung musste parallel zum  lagerhaltigen Sortiment gesteuert werden. Kundenbedürfnisse haben sich im Verlauf der Zeit stark geändert. Der Onlinehandel erzieht Kunden heute dahingehend, dass man Produkte binnen 24 Stunden geliefert bekommen kann. Gerade an Manufakturen stellt das ganz neue Anforderungen, weil eine hohe Lieferbereitschaft mit kurzen Wartezeiten für deren Produktionsabläufe eine anspruchsvolle Herausforderung ist.

Höchst komplexe Fertigungsabläufe

Es musste folglich eine Lösung gefunden werden, mit der man die Material- und Warendisposition und ihre Lagerstufen effizient gestalten kann. Die Anforderungen waren dabei hoch. Zum einen hat Meissen ein sehr großes aktives, historisch gewachsenes Sortiment , das es effizient zu disponieren gilt. Es ist folglich erforderlich, dass das System automatisch nach festgelegten Regelwerken auch über Produktcluster hinweg Fertigungsvorschläge für Einzelprodukte erstellt. Zum anderen hat Meissen auch sehr komplexe Abläufe. Jedes Produkt hat individuelle Anforderungen. Zu den mindestens zwei Brennprozessen kommen die verschiedenen Arten der Malerei und Veredelung, die mehrere Arbeitsvorgänge bedeuten. Den Fortschritt der Fertigung musste das gesuchte Dispositionssystem jedoch ungefiltert aus dem Oracle-System übernehmen und effizient managen können. Gleichzeitig sollte das System auch mehrere Zwischenlagerstufen handhaben können, um so die Fertigungslasten besser ausbalancieren zu können. Zudem musste es auch in Richtung Vertrieb Interfaces bereitstellen, um Ordersystem und Absatzprognosen in die Disposition einfließen lassen zu können.

Komplexe Abläufe: Arbeitsvorgänge wie Brennen oder Malen wiederholen sich je nach Produkt mehrmals, sodass der Abschluss eines einzelnen Arbeitsvorgangs nicht automatisch einen Wiederbeschaffungsvorgang auslösen darf.
Komplexe Abläufe: Arbeitsvorgänge wie Brennen oder Malen wiederholen sich je nach Produkt mehrmals, sodass der Abschluss eines einzelnen Arbeitsvorgangs nicht automatisch einen Wiederbeschaffungsvorgang auslösen darf.
(© Staatliche Porzellanmanufaktur Meissen)

APS-System halbiert die Durchlaufzeit

Zum Einsatz kommt heute das Advanced Planning & Scheduling (APS) System DISKOVER der SCT Supply Chain Technologies, mit dem es Meissen binnen Jahresfrist geschafft hat, die Durchlaufzeit in etwa zu halbieren, Bestände im Fertigwarenlager entsprechend abzubauen und dennoch die Lieferbereitschaft über das gesamte lagerhaltige Sortiment zu erhöhen. Kundenaufträge werden nun ebenfalls schneller abgearbeitet, da nun der Materialfluss deutlich transparenter disponiert werden kann.

APS-Tools bieten zur verbesserten Planung beispielsweise viel feinere, reichweitenorientierte Prognose-Funktionalitäten als ERP-Systeme und können so den tatsächlichen Bedarf bedeutend genauer vorhersagen. Zum Funktionsumfang von DISKOVER SCO zählen beispielsweise neben reichweitenorientierter Prognose-Verfahren auch Funktionen zur Portfolio-Analyse und solche zur Einbindung von Vertriebsprognosen. Sie kann damit verlässliche und nachvollziehbare Planungsprozesse abbilden. APS-Lösungen helfen aber nicht nur bei solchen Planungsprozessen. Sie unterstützen Disponenten auch bei der täglichen Arbeit. Das APS-Tool von SCT zeichnet sich durch weitreichende, im Hintergrund automatisch ablaufende Simulationsmechanismen aus, die die Planungs- und Dispositionseinstellungen und -entscheidungen kontinuierlich optimieren. Auf diese Weise profitieren auch technisch und fachlich weniger versierte Anwender von der hohen Prognose-Genauigkeit und Dispositionspräzision – und die Unternehmen von nachhaltig reduzierten Beständen bei gleichzeitiger Sicherstellung der erforderlichen Lieferbereitschaft. Insgesamt können Disponenten folglich mit vermindertem Aufwand besser planen, was in sich schon ein Vorteil von APS-Lösungen darstellt.

Große Chargen: Der Brennprozess hat Einfluss auf die Durchlaufzeiten und Bestände eines jeden einzelnen Produktes.
Große Chargen: Der Brennprozess hat Einfluss auf die Durchlaufzeiten und Bestände eines jeden einzelnen Produktes. (© Staatliche Porzellanmanufaktur Meissen)

Weitere Detaillierung des Fertigungssteuerungssystems

Die Liveschaltung von DISKOVER SCO bedurfte aufgrund der höchstkomplizierten Schnittstelle und der vielen Spezialitäten, die im Prozess abgebildet werden mussten, rund ein Jahr für die lagerhaltig geführten Artikel. Nach sechs weiteren Monaten war auch die auftragsbezogene Fertigung abgebildet. In dieser Zeit wurden alle Produkte mit all ihren Stammdaten und Dispositionsparametern erfasst, die Schnittstellen zum Oracle und Ordersystem adaptiert und die Ablauforganisation dahingehend optimiert, dass auch reale Zwischenlagerstufen geschaffen wurden, die den Druck aus der Materialflusskette nehmen und die Kosten der lagerhaltigen Produkte senken. Nach Ablauf der Einführungsphase wäre der nächste Schritt, auch die Kapazitätsplanung noch besser mit der Disposition zu verzahnen. Hier gilt es, auch die variierenden komplexen Prozesse der aktuellen Aufträge zu beachten. Der Abgleich zwischen verfügbarem Personal und produktbezogener Fertigungskapazität  soll bereits bei der Einsteuerung planbar werden. um Lieferzeiten möglichst genau berechnen zu können.

Will man Bestand, Lieferbereitschaft sowie Gesamtkosten zielorientiert optimieren, ist der Einsatz simulationsbasierter Planungsautomatisierung unerlässlich
Will man Bestand, Lieferbereitschaft sowie Gesamtkosten zielorientiert optimieren, ist der Einsatz simulationsbasierter Planungsautomatisierung unerlässlich
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Dr. Bernd Reineke