Warum Sie Bestände interessieren müssen!

Vor einigen Tagen hatte ich ein Gespräch mit dem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Es ging um die Optimierung der Supply Chain und die zu erwartenden Potenziale. In diesem Zusammenhang kamen wir auch auf die Bestände in der Lieferkette zu sprechen. Mein Gesprächspartner stelle direkt fest: „Bestände interessieren mich nicht!“

Ich treffe erstaunlich regelmäßig auf dieses Argument. Die Begründungen dafür gehen dann immer in die Richtung, dass man sich die Bestände leisten könne, dass die die Lieferfähigkeit entscheidend wäre und dass man sowieso keine Bankkredite benötige. Ich gratuliere meinen Gesprächspartnern dann immer, dass es Ihnen so gut geht, weise sie aber anschließend darauf hin, dass diese Einstellung für das Unternehmen schnell gefährlich werden kann.

Bestände sind ein organisatorisches Schmiermittel, mit dem man fast alle Reibungen und Unzuverlässigkeiten in einer Wertschöpfungskette und in der gesamten Supply Chain übertünchen kann. Im Meer der Bestände lassen sich alle Ineffizienzen einer Supply Chain verstecken. Deshalb muss man in die Bestände eintauchen und sehen, welcher Schlamassel sich darunter befindet.

Dazu muss man den Bestand nicht mit Gewalt senken, um zu sehen, wo es kracht. In einem digitalen Zwilling der Supply Chain lassen sich die Verbesserungs- und Optimierungspotenziale einfach und schmerzfrei identifizieren, quantifizieren und erproben.

Wenn die Supply Chain effizienter und effektiver geworden ist, kommt man meist mit weniger Beständen aus, ohne die Lieferbereitschaft zu gefährden. Auch wenn man „es sich leisten kann“, sollte man mit dem optimalen Bestand arbeiten und sich nicht die hohen Bestände gönnen, denn wer die Supply Chain mit überhöhten Beständen betreibt, der wird es nicht verhindern können, dass sich unter dem Bestandsmeer wieder die Ineffizienzen ansammeln werden.

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Prof. Dr. Andreas Kemmner