Einkaufsplattformen bieten viele Vorteile für den Einkaufsprozess, haben aber immer noch einen eingeschränkten Nutzwert für die Unternehmen
von Kerstin Sieckmann
Der private Kunde kauft schon längst bequem und günstig über das Internet ein, aber nutzen auch Unternehmen dieses Medium, um Kosten zu sparen? Überwiegend geht die Einkaufsabteilung immer noch einen sehr zeit- und kostenintensiven Weg der Beschaffung. Der Bedarf wird gemeldet, passende Lieferanten gesucht, Angebote eingeholt, ausgewertet und dann bestellt. Oftmals werden hierzu die in der Nähe des Unternehmens sitzenden Lieferanten angesprochen. Aber spielt es eine Rolle, ob die Büroklammer von dem Büroausstatter aus der selben Stadt geliefert wird oder vom anderen Ende der Republik kommt? Auch im dienstleistungsschwachen Deutschland, ist heutzutage ein 24 Stunden Lieferservice üblich. Aber wie kann man mit wenig Aufwand möglichst viele Lieferanten erreichen und auf einfachem Weg dass günstigste Angebot heraussuchen?
Dieser Frage sind -mittlerweile unzählige- Anbieter von Einkaufsplattformen speziell für Unternehmen nachgegangen Dabei sprudeln sie vor Ideen über, wie man die Beschaffung erleichtern und vergünstigen kann. Wer kennt sie nicht, die Ameisen von e-bay, die jedermann deutlich machen, dass es sich lohnt, wenn sich Interessenten für den Kauf eines Produktes zusammenschließen. Neben diesem “powershopping” oder “poolbuying” gibt es “online-Aktionen”, “Preisrecherchen”, “Restpostenverkäufe”, die einfache Katalogbestellung und vieles mehr.
Ebaypro.de, wlw-auctions.de, portal-ag.de, ips-einkauf.de …; leider fällt es bei der Menge der Beschaffungsplattformen immer schwerer, den Überblick zu behalten. Hier einige Beispiele:
Ein Anbieter, der nicht zuletzt durch zahlreiche Werbeaktionen mit Bestellgutscheinen bei vielen Unternehmen bekannt wurde, ist www.mercateo.com. Diese Plattform vereinigt gleich drei Bestellvarianten: die Katalog-Direktbestellung, bei der im Vorfeld mit den Lieferanten günstige Preise verhandelt wurden; die Recherche bei individuellen Produkt- oder Dienstleistungsanfragen; schließlich das Poolbuying, d.h. das Zusammenschließen möglichst vieler Interessenten beim Kauf eines Produktes. War die Auswahl der angebotenen Produkte zunächst sehr klein, kann man inzwischen auf ein breites Artikelsortiment zugreifen.
www.mondus.de übernimmt die Lieferantenrecherche für Unternehmen. Der Einkäufer wählt in einem vorgegebenen Produkt- und Dienstleistungsangebot seinen Bedarf aus, und beschreibt den gesuchten Artikel exakt mittels eines vorbereiteten Formulars. Mondus.de vermittelt dieses Gesuch an die mit ihnen kooperierenden Lieferanten weiter. Der Kunde erhält die besten drei Angebote und nimmt dann via Internet mit dem von ihm ausgewählten Lieferanten Kontakt auf. Die Produktpalette von mondus.de hat sich, wie mercateo.com, nach anfänglich großen Einschränkungen stark ausgeweitet.
Leider ist www.buytry.com mittlerweile (2019) offline. Dort konnte man überprüfen lassen, ob ein Produkt nicht zu einem günstigeren Preis zu erhalten ist. Nach Ausfüllen eines Formulars zur genauen Beschreibung des Artikels sowie der Angabe eines (realistischen) Richtpreises wurde von dem Betreiber der Plattform eine Preisrecherche durchgeführt. fand der Betreiber von buytry.com einen günstigeren Lieferanten, erhielt er 30% der eingesparten Kosten als Provision. Außerdem bot buytry.com Unternehmen an, über einen Outsourcing-Prozess Teilbereiche ihres Einkaufs komplett zu übernehmen. Inbegriffen in dieser Leistung sollte auch der gesamte Überwachungsprozess beim Einkauf wie Lieferüberwachung, Eingangskontrolle, Rechnungsprüfung und Reklamationsbearbeitung sein.
Als Handelsplatz für überschüssige Wirtschaftsgüter und Restposten wurde www.surplex.com aufgebaut. Hier lohnt es sich, regelmäßig ´reinzuschauen, um das eine oder andere Schnäppchen zu schlagen, auch wenn sich diese Plattform nicht für die regelmäßige Beschaffung eignet.
Ähnlich arbeitet www.mace.de, denn auf diesem Marktplatz werden gebrauchte Maschinen und Anlagen aus der Industrie angeboten.
Auf der Suche nach Einkaufsplattformen stößt man auch auf ganz verrückte Varianten, wie https://www.facebook.com/ubarters. Hier werden Waren nicht gekauft, sondern getauscht (engl.: to barter). Braucht z.B. ein Catering-Dienstleister einen neuen Kopierer, kann er über ubarter.com mit einem Kopierer-Lieferanten in Kontakt kommen, der gerade eine Betriebsfeier organisiert. Anstatt mit Geld zu zahlen werden also Schnittchen geliefert. Findet sich mal gerade kein passender Tauschpartner, wird der Wert des Tauschobjektes in “Barter-Dollar” umgerechnet und auf ein Kundenkonto gelegt. Diese Plattform wird in den USA bereits von vielen Unternehmen genutzt, um ihre Restbestände oder Überkapazitäten zu verkaufen (-tauschen). Gleichzeitig wird durch den Tauschvorgang die Liquidität des Unternehmens geschont, was in Zeiten eines finanziellen Engpasses durchaus wichtig sein kann.
Es gibt mittlerweile auch Suchmaschinen, die sich auf b2b-Marktplätze spezialisiert haben. Beispielsweise erleichtert www.b2b.intereasy.com durch verschiedene Kategorisierungen der Plattformanbieter die Recherche nach dem richtigen Einkaufsplatz.
Mit der Aufzählung von Beschaffungsplattformen kann man noch einige Stunden verbringen, deutlich wird aber auch jetzt schon: nicht jede Plattform eignet sich für jedes Unternehmen, und nicht alle Produkte, die ein Unternehmen benötigt, werden von einer Plattform angeboten.
Viele der Marktplatzbetreiber haben sich darauf konzentriert, C-Artikel anzubieten, weil hier bekanntermaßen der Beschaffungsprozess gemessen an den Produktkosten am kostenintensivsten ist. Üblich ist, dass bei diesen Plattformen der Kunde individuelle Bestelllisten hinterlegen kann, damit er nicht jedes Mal seine gängigen Bestellartikel einzeln neu eingeben muss.
Der neue Beschaffungsweg ist vielleicht am Anfang etwas umständlich, muss man sich doch zunächst einmal durch die Vielzahl an Plattformen durchklicken. Und er erfordert eine mentale Umstellung bei den Einkäufern, die sich jetzt darauf verlassen müssen, dass ein anderer die Lieferantenrecherche genauso gut erledigen kann wie sie selber. Dann aber wird der Bestellvorgang, ist es ein einmaliger Artikel oder ein ständig wiederkehrender Bedarf, stark vereinfacht und entlastet den Einkauf. Insofern lohnt sich das Nutzen von virtuellen Beschaffungsplattformen zweifach: Kosten sparen durch günstigere Artikel, und Zeit sparen beim Bestellvorgang.
Die Unternehmen können sich allerdings bei der Umstellung ihres Einkaufsprozesses noch etwas Zeit lassen. Die Plattformen sind alle relativ neu am Markt und bei der zur Zeit stark wachsenden Zahl an Betreibern ist ein Selektionsprozeß in dieser Branche zu erwarten. Nur wer viele Kunden langfristig an sich bindet, wird über die Masse verfügen, um wirklich Einfluß auf den Preis zu haben. Und nur solch ein Marktplatz ist interessant für Unternehmen.
Die zweite große Einschränkung, die zur Zeit bei der Nutzung von virtuellen Marktplätzen besteht, ist die fehlende Ankopplung an das betriebliche Einkaufssystem. Noch immer müssen die im Internet aufgegebenen Bestellungen anschließend per Hand in das System eingetragen werden. Die Plattform, die hier zuerst eine Lösung anbieten kann, wird die Nase im Wettbewerb vorne haben.