Nutzen wir den Druck von außen, um endlich unsere Produktivität zu steigern!
Da haben wir ihn, den Zollhammer…
Der amerikanische Präsident hat das getan, was er seit 30 Jahren proklamiert. Ob seine Maßnahmen für die USA zielführend sind, mögen Spezialisten entscheiden. Wir können vor den Risiken der amerikanischen Entscheidung zittern, wir können aber auch unsere Chance sehen. Die Chance, dass der Druck von außen so groß wird, dass wir endlich unsere eigenen Nachlässigkeiten überwinden.
Mich treibt seit Jahren die mangelnde Produktivitätsentwicklung speziell in Deutschland, aber auch in ganz Europa um, und ich habe schon häufiger hierzu Stellung genommen. Wir könnten deutlich mehr tun, um die Produktivität in unseren Unternehmen zu steigern, doch wir tun es nicht, und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Rückzug ins Private, wie er durch die COVID-19-Pandemie ausgelöst worden ist, unsere Bequemlichkeiten noch ein Stück weiter erhöht hat.
Andererseits hat uns die Pandemie gezeigt, dass wir, entsprechenden Druck vorausgesetzt, auch in der Lage sind, unsere technologischen Möglichkeiten zu nutzen. Wo stünden wir heute mit elektronischer Kommunikation ohne die Pandemie? Vieles, vielleicht sogar das Meiste, wäre vorher auch schon möglich gewesen, aber nur wenige Unternehmen waren bereit, konsequent in diese Richtung weiter voranzuschreiten; erst der externe Druck durch die Pandemie brachte die Dinge in Bewegung.
Entsprechende Chancen sehe ich auch heute für uns. Die Produktivitätsreserven in unseren Unternehmen dürften noch beträchtlich sein. Ich erinnere mich noch gut an die Situation der Automobilzuliefererindustrie in den 90er Jahren, als Dr. Ignacio Lopez Einkaufsvorstand bei VW war. VW ging es damals wirtschaftlich schlecht, und Lopez versuchte mit aller Macht, die Einkaufspreise nach unten zu drücken. Dabei erwartete er Preisreduzierungen der Zulieferer, die weit höher lagen als alles, was man erwartet hätte. Die Margen bei vielen der Zulieferer lagen damals kaum höher als 3 %, so ging ein massiver Aufschrei durch die Zulieferbranche. Letztlich blieb vielen Unternehmen nichts anderes übrig, als drastische Preisreduzierungen zu akzeptieren, und siehe da, drei Jahre später lag die Gewinnmarge wieder bei 3 %.
Von Mitte der 90er bis Mitte der 2000er Jahre war ich intensiv im Sanierungsgeschäft tätig und habe auch dort immer wieder festgestellt, dass große Produktivitätssteigerungspotenziale bestehen, wenn man bereit ist, sie konsequent anzugehen. Der Begriff der Rationalisierung ist in den 90er Jahren immer stärker negativ konnotiert worden. Ich glaube, wir müssen lernen, zurückzukehren zum Kerngedanken der Rationalisierung, durch Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen mit weniger Aufwand mehr Effizienz und Produktivität zu erreichen.

Der Schwerpunkt der Rationalisierung muss jedoch heute in den indirekten Bereichen, bei den Büroarbeitsplätzen liegen. Die direkten Bereiche sind bei den meisten Unternehmen schon beträchtlich ausgewrungen, was nicht heißen soll, dass nicht auch dort noch Luft nach oben ist. Der entscheidende Hebel liegt jedoch sicherlich in den indirekten Bereichen. Dass die Bürokratie in den Unternehmen in den letzten Jahren drastisch gestiegen ist, liegt nicht nur an staatlichen Vorgaben, sondern mindestens genauso stark daran, dass Prozesse zu stark zergliedert und zu viele neue Stellen geschaffen wurden, und bekanntlich schafft sich jede Stelle ihre Arbeit.
“Wir müssen wieder lernen, dass nicht der Staat den wirtschaftlichen Erfolg sichert, sondern der wirtschaftliche Erfolg den Staat.”
Unsere Aufgabe wird es nun sein, konsequent und schnell Prozesse auszudünnen und zu automatisieren. Wir müssen kurzfristig mit weniger Personal mehr schaffen, und ich bin überzeugt, wir können das, müssen uns aber wieder daran gewöhnen. Wir müssen wieder lernen, dass nicht der Staat den wirtschaftlichen Erfolg sichert, sondern der wirtschaftliche Erfolg den Staat. In den letzten Jahren haben wir viel zu viele staatliche Eingriffe erlebt, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie gebremst haben. Zu viele Subventionen für wirtschaftlich nicht mehr erfolgreiche Unternehmen, um Arbeitsplätze zu sichern, die an anderen Stellen wertschöpfender gewirkt hätten, und auch die großzügige Handhabung von Kurzarbeit stellt letztlich eine Subventionierung mangelnder Produktivität dar.
Nutzen wir also den Trump Faktor, um unsere Produktivität massiv nach oben zu treiben. Mittelfristig kompensieren wir damit die Zollaufschläge für unsere Exporte in die USA und langfristig steigern wir die Wettbewerbsfähigkeit, denn irgendwann wird es wieder eine Zeit geringerer Zölle geben, in der man erkennen wird, dass der globale Wohlstand stärker steigt, wenn man auf komparative Wettbewerbsvorteile, setzt statt auf Merkantilismus.
