Dass Mitarbeiter Geld kosten, ist nichts Neues. Dass qualifizierte, motivierte Mitarbeiter auf den ersten Blick mehr kosten, auch nicht. Wenn man aber genauer hinsieht, bringt eine gute Qualifizierung jedoch nicht nur ein Mehr an Lohnkosten – es kann durchaus auch Gewinn bringen! Und das nicht nur durch reibungslosere, effektivere Arbeitsabläufe und motiviertere Mitarbeiter, die in kürzerer Zeit mehr schaffen. Vielmehr lässt sich besonders bei Planung und Disposition ein tatsächlich messbarer Einfluss von fachlichen Schulungsmaßnahmen auf die Bestandshöhe nachweisen – und damit konkret in Euro beziffern!
Selbstverständlich reicht eine Schulung als alleiniges Mittel der Wahl, um langfristig und nachhaltig Bestände zu senken, die Lieferbereitschaft zu optimieren und den Planungsaufwand zu minimieren, nicht aus. Aber ohne das Wissen um Hintergründe, Theorien und praktische Anwendungsbeispiele besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter nach erfolgreichem Abschluss eines Supply-Chain-Optimierungsprojekts mittel- bis langfristig unbewusst wieder „in alte Muster“ zurückfallen und somit ein Teil der beseitigt geglaubten Probleme wieder zurückkehrt.
Auch Planung und Disposition brauchen Übung
Ergänzend und auch unabhängig von unseren Supply Chain Optimierungsprojekten vermitteln wir deshalb in unseren Seminaren und Trainings die theoretischen Grundlagen zur Planung und Steuerung der gesamten Supply Chain, von Bedarfsprognose und Sales und Operations Planning, über Disposition und Fertigungssteuerung bis Bestandsmanagement, Logistikstrategie und SAP-Optimierung und verknüpfen diese Schulungen, je nach Thema und Budget des Kunden, mit praktischen Anwendungsbeispielen auf einem Übungssystem.
Regelmäßig stellen wir beispielsweise nach unseren Schulungs- und Übungsmaßnahmen in Beratungsprojekten zur Bestandsreduzierung fest, dass sich die Bestands- und Lieferbereitschaftssituation auch in Produktbereichen verbessert, in denen wir das Bestandsmanagement noch nicht geändert haben: Die Einkäufer und Disponenten wenden ihre neuen Kenntnisse direkt auf ihren gesamten Verantwortungsbereich an. Und genau das ist die beste Voraussetzung für nachhaltig niedrigere Bestände: erkennen, verstehen und umsetzen.
Nicht nur Anfänger machen Fehler
Natürlich mag man jetzt denken, dass solche Trainingsmaßnahmen ja gut und schön für Anfänger seien, aber routinierte Disponenten so etwas nicht brauchen. Aber eben genau diese Routine sorgt oftmals für eine gewissen „Betriebsblindheit“, die notwendige Anpassungen an veränderte Marktsituationen verschleiert. Deshalb ist es für den Erfolg einer Schulung besonders wichtig, dass:
- Mitarbeiter und Vorgesetzte die vorhandenen Probleme (er-)kennen,
- die konkreten Probleme aufgegriffen und die theoretischen Hintergründe dafür von praxiserprobten Fachleuten erläutert werden,
- die erworbenen Kenntnisse möglichst praktisch, z. B. auf einem Übungssystem, angewendet und
- von den Mitarbeitern kontinuierlich eingeübt werden.
Besonders wichtig für die Akzeptanz und Umsetzung der vermittelten Theorien und praktischen Anwendungsmöglichkeiten ist sicherlich, dass Teilnehmer einer Schulung jemanden vor sich haben, mit dem sie „auf Augenhöhe“ diskutieren und üben können. Darum sollten Sie sich genau ansehen, wo und von wem Sie Ihre Mitarbeiter schulen lassen. Jemand ohne Praxiserfahrung kann noch so theoretisch fundiert sein, Ihre Mitarbeiter werden aber förmlich riechen, dass der oder die Lehrende noch nie „im wahren Leben“ mit den angesprochenen Problemen zu tun hatte. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, die erwähnten Vorteile aus der Schulung zu ziehen, beträchtlich.
Beispiel InHouse-Schulung
Aber wie sollte eine Schulung denn nun konkret aussehen, damit Ihre Mitarbeiter mit mehr Wissen und den richtigen Werkzeugen gewappnet daraus hervorgehen und so die Bestände nicht schlimmstenfalls wieder durch die Decke schießen, während die Lieferbereitschaft in den Sinkflug geht?
Wir zeigen Ihnen hier als Beispiel den Aufbau einer Disponenten-Schulung für die Firma ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG, einen der weltweit führenden Hersteller von Antriebsund Lüftungstechnik.
Die ca. 36 Planer und Disponenten des Unternehmens wurden in vier Gruppen zu 9 Personen geschult. Pro Gruppe wurden 2 Schulungstage angesetzt, die mit einem zeitlichen Abstand von ca. ein bis zwei Wochen durchgeführt wurden. In Summe ergaben sich damit 8 Schulungstage. Die Einteilung in mehreren Gruppen ermöglichte zum einen, dass es während der Schulung nicht zu personellen Engpässen im Tagesgeschäft kam und zum anderen, dass eine intensive Arbeit mit den einzelnen Teilnehmern möglich war. Um die einzelnen Punkte des „Stundenplans“ mit genügend Tiefe behandeln zu können, wurden die zwei Schulungstage je Gruppe von zwei Beratern durchgeführt.
In der Übersicht sah die Einteilung der Gruppen wie folgt aus:
Gruppe 1(Tag 1 – Kemmner) | Gruppe 2(Tag 1 – Kemmner) |
Gruppe 3(Tag 1 – Kemmner) | Gruppe 4(Tag 1 – Kemmner) |
Gruppe 1(Tag 2 – Reineke) | Gruppe 2(Tag 2 – Reineke) |
Gruppe 3(Tag 2 – Reineke) | Gruppe 4(Tag 2 – Reineke) |
Wie detailliert die einzelnen Themen dabei angegangen und welche Schwerpunkte gesetzt wurden, zeigen die Themenpläne des jeweiligen Schulungstages:
Schulungstag 1:
- Einführung: Die Bedeutung der Fertigungssteuerung und Disposition fur den Unternehmenserfolg
- Einige logistische Grundlagen zum Rekapitulieren
- Logistikstrategen denken in Artikel- Klassen
- Die Wirkungskette von Bestand und Lieferbereitschaft
- Die Planungskette im Unternehmen verknüpft alle Unternehmensbereiche
- Die wesentlichen Verfahren der Fertigungsteuerung und Disposition
- Push und Pull
- Dispositionsmechanismen im Detail
- plangesteuerte Disposition
- Meldebestandssteuerung
- spezielle Dispositions- und Fertigungssteuerungsverfahren
- Weniger Hektik in der Produktion durch stabile Fertigungssteuerungsmechanismen
- Die widersprüchlichen Ziele der Fertigungssteuerung
- Mit dem Trichtermodell die Produktion verstehen
- Logistische Positionierung
- Die produktionslogistischen Grundgesetze verstehen
- Zuverlässigere Produktionsleistung mittels OEE-Kennzahlen
- OEE – Was ist das überhaupt?
- Die OEE-Berechnung im Einzelnen
- Auswertung und Interpretation der Kennzahlen
Tag 1 der Schulung konzentrierte sich zunächst auf die Vor- und Aufbereitung des theoretischen Hintergrundes für die Teilnehmer. Auf dieser Basis wurden die Teilnehmer dann am Tag 2 mit Tipps und Tricks für die tägliche Arbeit mit dem ERP-System SAP ausgestattet. Für diesen Teil der Schulung war entsprechend der Zugriff auf das SAP-System mit bestimmten Berechtigungen notwendig, so dass hier ganz konkrete Anwendungsbeispiele vermittelt werden konnten.
Schulungstag 2:
- Einführung: Optimierung der Disposition
- Stammdaten: die ungepflegten Wesen
- Dispositionsparameter und deren Funktionsweise
- Einflussgrößen auf das logistische Geschäftsmodell
- Identifikation der relevanten Kriterien
- Beurteilung der Einflussgrößen und deren Auswirkungen auf die Dispoparameter
- Darstellung der Wirkungsweise am Übungssystem
- Vorstellen eines Fallbeispiels zur Parameteroptimierung
- Vorgehensweise
- Konzeption
- Ergebnisse
- Kurzer Ausflug: Prognosen in SAP
- Einstellungen und Profile
- Fallstricke in der Anwendung
- Dispoparameter im SAP-System
- Ausprägungen der Dispositionsmethoden (Dispomerkmale)
- Customizing: worauf ist zu achten
- Auswirkungen der Einstellungen (Übungssystem, SAP-Testsystem)
- Die Langfristplanung als wichtige Planungsalternative
- Möglichkeiten zur Parameteroptimierung
- Automatisierte Parameterpflege mit dem Disporegelwerk
- Vorstellen einfacher Tools
Kurz- und langfristiger Gewinn durch Wissen
Wie das Beispiel ebm-pabst zeigt, ist eine Schulung sicherlich mit Zeit- und Personalaufwand, und damit natürlich auch Kosten, verbunden. Aber wenn durch eine qualifizierte Fortbildung der Mitarbeiter, die sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Anwendungsmöglichkeiten miteinander verbindet, bereits nur wenige Prozent Bestand eingespart werden können, rechnet sich das bereits.
Oft stellt sich jedoch noch ein anderer Effekt ein: Auf Basis des erworbenen Wissens gehen die Mitarbeiter die täglichen Herausforderungen nicht nur effizienter und effektiver, sondern auch entspannter und systematischer an und es wird eine gemeinsame fachliche und begriffliche Basis für die innerbetriebliche Fachdiskussion gelegt. Das schlägt sich in mehr Motivation und besserem Arbeitsklima nieder – und das ist langfristig ein Gewinn, der sich zwar nicht mit Prozentzahlen oder gar in Euro beziffern, aber deutlich spüren lässt.