DISKOVER SCO optimiert die Distribution in über 250 Filialen

Hohe Verfügbarkeit und automatisierte Dispoparameter

Von Dr. Bernd Reineke, Abels & Kemmner GmbH, Christian-Hans Bültemeier und Michael Meier (HANSA-FLEX)

HANSA-FLEX ist Europas führender Systemanbieter in der Fluidtechnik und Wertschöpfungspartner für Unternehmen jeder Größe. Die Bedeutung der Fluidtechnik wächst weltweit und mit ihr die Nutzenerwartungen der HANSA-FLEX Kunden in allen Bereichen der Wirtschaft, in Deutschland und weltweit.

Neben individuell konfektionierten Hydraulikschlauchleitungen bietet HANSA-FLEX ein umfassendes Komplettsortiment von Verbindungselementen für die Hydraulik an. Sämtliche Produkte sind in der Regel verfügbar oder innerhalb von 24 Stunden vor Ort. Das Erfolgsprinzip von HANSA-FLEX heißt Systempartnerschaft: Es ist die Breite und Tiefe der Produktpalette und Services, die das Unternehmen zum geschätzten Partner macht, im After-Sales-Bereich wie auch zunehmend im Bereich der Erstausrüstung. Insbesondere durch das enge Netz an Niederlassungen und Servicefahrzeugen kann HANSA-FLEX nah am Kunden agieren und schnell und kompetent liefern. Benötigt werden die Produkte von HANSA-FLEX überall, wo Maschinen, Anlagen oder schwere Geräte zum Einsatz kommen. Die Systeme der Kunden müssen laufen – sicher, zuverlässig, rund um die Uhr. Verfügbarkeit zählt, Stillstände kosten Geld. Und das ist eine der Kernkompetenzen von HANSA-FLEX: Höchste Verfügbarkeit in allen Produkten und schnelle Hilfe direkt vor Ort.
Zur Überprüfung der Supply Chain Prozesse beauftragte HANSA-FLEX die Abels & Kemmner mit dem Projekt, Potenziale in den Prozessen aufzudecken und Handlungsvorschläge zur Verbesserung zu erarbeiten. Dabei sollten insbesondere die Methoden zur Planung und Disposition sowie die Nutzung des ERP-Systems (SAP) überprüft werden.

Mit bewährter Vorgehensweise schnell zum Handlungsplan

Zur Überprüfung der Planungs- und Dispositionsprozesse setzen die Berater von A&K ihr bewährtes Vorgehen in vier Teilabschnitten ein:

  1. Prozessanalyse
    In der Prozessanalyse werden die Planungs- und Dispositionsprozesse genau unter die Lupe genommen. Dabei liegt das Augenmerk auf die Durchgängigkeit der Planungskette sowie dem zielgerichteter Einsatz von Methoden, Verfahren und Parametern. Der Grad der Systemunterstützung wird dabei ebenso erhoben.
  2. Artikel- und Bestandsanalyse
    In diesem Schritt zählen nur Daten und Fakten, die nach Möglichkeit aus dem ERP-System bereitgestellt werden. Mit den bewährten Tools von Abels & Kemmner werden die Potenziale in den Beständen und in der Verfügbarkeit ermittelt. Da HANSA-FLEX das ERP-System von SAP einsetzt, stellte die Bereitstellung der Bewegungs- und Stammdaten kein Problem dar. Mit der leistungsfähigen A&K-Datenpumpe konnte selbst das große Datenvolumen bei HANSA-FLEX (mehrere Millionen Stammdatensätze) innerhalb kurzer Zeit abgezogen und in das Analysetool DISKOVER SCO übernommen werden.
  3. Evaluierungsworkshops
    Nach der Prozess- und Datenanalyse konnten die Spezialisten von A&K bereits erste Potenziale aufdecken. Ob sich tatsächlich Potenziale in dem ermittelten Ausmaß ergeben, klären die Evaluierungsworkshops mit den Planern und Disponenten im Detail. Dabei werden einzelne Fälle bis auf Artikelebene besprochen und geklärt. Durch das Aufdecken vieler Details kommen die Restriktionen hoch, mit denen die Planer und Disponenten täglich zu tun und in ihren Planungsergebnissen zu berücksichtigen haben. Oft können im Rahmen der Evaluierungsworkshops auch sogenannte Quick Wins erzielt werden. Z.B. werden falsch gepflegte Parameter wie Liefer- oder Durchlaufzeiten aufgedeckt und umgehend korrigiert. Sicherheitsbestände oder Sicherheitszeiten, die irgendwann mal ihre Berechtigung hatten, können aufgedeckt, hinterfragt und noch im Workshop korrigiert werden. Nach diesen Workshops werden die Eingangsgrößen der Analysen und Simulationen angepasst und die Potenziale neu ermittelt, so dass realistische, belastbare Zahlen als Grundlage für die weiteren Aktivitäten zur Verfügung stehen.
  4. Konzeption und Maßnahmen
    Um die Potenziale tatsächlich heben zu können, sind Maßnahmen zu definieren und umzusetzen. In dieser Phase werden also Vorschläge mit folgenden Schwerpunkten erarbeitet:

    • einzusetzende Methoden für Disposition und Losgrößenberechnung
    • geeignete Verfahren für die Prognoserechnung und Sicherheitsbestandsermittlung
    • optimierte Prozessabläufe und Aufgabenverteilung
    • gezielter IT-Systemeinsatz für effizientere Abläufe

    Bei der Definition und Konzeption der Maßnahmen kommt der Nachhaltigkeit der Lösungen die größte Bedeutung zu. Die Lösungen und Umstellungen zu erarbeiten ist eine Sache, aber diese Lösungen und Umstellungen so zu konzipieren, dass sie dynamisch auf Veränderungen reagieren und sich auf geänderte Einflussgrößen einstellen, eine andere.

Ergebnisse

Die Prozess- und Datenanalyse bei HANSA-FLEX ergab hohe Potenziale im Bereich der beiden Zentrallager von ca. 16 % Bestandsreduzierung. Auch die realisierbare Verfügbarkeit erreicht einen guten Wert von über 98 % in den Zentrallagern. Bei den Niederlassungen lassen sich ebenfalls ca. 15 % Bestand reduzieren. Allerdings ist die realisierbare Verfügbarkeit hier Nachfragebedingt etwas geringer. Die Ursache für die geringe Verfügbarkeit liegt in der starken Sporadizität der Nachfragen in den Niederlassungen. Hier ist der Anteil der Z- und Z2-Artikel, also der sporadisch bzw. stark sporadisch nachgefragten Artikel, mit über 80 % sehr hoch (siehe Grafik). Bei diesen Artikeln werden oft Mengen geordert, die es in der Vergangenheit so nicht gab (siehe Grafik rechte Seite). Dann reichen Prognose und Sicherheitsbestand nicht aus, um ab Lager liefern zu können.
Vor diesem Hintergrund kann man mit dem Ergebnis der Verfügbarkeit in den Niederlassungen zufrieden sein. Kann eine Kundennachfrage nicht direkt befriedigt werden, bleibt die Möglichkeit, auf Ersatzartikel zurückzugreifen, wovon die Spezialisten und Monteure in den Niederlassungen in diesen Fällen Gebrauch machen. Oder das Zentrallager liefert den Artikel über Nacht nach, was meist auch tolerabel ist.HANSA-Flex_Artikelverteilung

Maßnahmen

Um die ermittelten Potenziale tatsächlich nachhaltig heben zu können, wurde als Hauptmaßnahme das Konzept einer durchgängigen Planungskette entwickelt (siehe Abbildung).

Die Optimierung des Planungs- und Dispositionsprozesses erfolgt in vier Schwerpunkten
Die Optimierung des Planungs- und Dispositionsprozesses erfolgt in vier Schwerpunkten

Das Konzept besteht aus fünf Bausteinen:

  • der regelmäßigen Klassifizierung der Artikel,
  • der prognosegestützten Bedarfsplanung,
  • dem Regelwerk zur Disposition (Dispo-Regelwerk),
  • der optimierten Disposition sowie
  • dem geregelten Austausch von Informationen.

Im Rahmen der Klassifizierung werden verschiedene Eigenschaften der Artikel ermittelt und zugeordnet. Wichtigste Eigenschaften sind die ABC-Klassifizierung, welche die wertmäßige Bedeutsamkeit eines Artikels festlegt. Die XYZ-Analyse, die die Regelmäßigkeit der Nachfragen ermittelt und die Lebenszyklus-Analyse, die prüft, in welcher Phase jeder einzelne Artikel sich befindet (z.B. Anlauf- oder Auslaufphase).

Im Disporegelwerk sind diese Eigenschaften die Basis der Entscheidungstabellen, die z.B. festlegen, ob ein Artikel lagerhaltig ist oder nicht, ob er eine Prognose oder einen Sicherheitsbestand erhält oder mit welcher Losgröße der Artikel nachgeordert wird. Die lagerhaltigen Artikel erhalten regelmäßig neu gerechnete Prognosen und Sicherheitsbestände. Dier Ergebnisse werden dann an das ERP-System übertragen, sodass die Disposition bzw. der MRP-Lauf im SAP-System immer mit den aktuell richtigen Einstellungen rechnet.
Da Artikel ihre Eigenschaften ändern können, wird die Klassifizierung regelmäßig (mindestens einmal im Monat) durchgeführt und das Regelwerk angewandt. Gleiches gilt für die Optimierung der Prognosen und Sicherheitsbestände, die über eine monatliche Simulation optimiert und feinjustiert werden. Die Regelmäßigkeit dieser Vorgänge ist die Grundvoraussetzung für die Nachhaltigkeit der Lösung.
Der fünfte Baustein trägt zur besseren Kommunikation und Weitergabe von Informationen bei. In Geschäftsregeln wird unter anderem festgelegt, welche Eskalationsmechanismen greifen sollen. Weiterhin können ergänzende Informationen aus dem Markt oder Kundenbereich hinterlegt werden, sodass dies über die Absatzplanung in die Disposition einfließen kann.

Als weiteres Maßnahmenpaket steht die Umsetzungsumgebung für den durchgängigen Planungs- und Dispositionsprozesses. Als Umsetzungsalternativen wurden folgende Szenarien bewertet:

  1. manuelle Umsetzung durch Fleiß der Disponenten und Planer
  2. Umsetzung durch Programmierung im SAP-System
  3. Umsetzung in einem AddOn-System

Das erste Szenario mit manueller Umsetzung wurde direkt verworfen, da dieses Szenario weder nachhaltig noch realistisch ist. Das zweite Szenario ist wurde ebenfalls verworfen, da dafür die Kapazitäten im SAP-Entwicklungsteam nicht vorhanden beziehungsweise die Kosten zu hoch waren. Die Entscheidung fiel also für das dritte Szenario, der Umsetzung in einem AddOn-System. Die Wahl fiel auf das Optimierungstool DISKOVER SCO der Firma SCT GmbH, das bereits in der Datenanalyse seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte. Mit dem Lizenzmietmodell für dieses System bleiben auch Finanzierungsaufwand und Investitionsrisiko sehr gering.

Start der Umsetzung in den Niederlassungen

Die Umsetzung der Maßnahmen sollte als erstes in den Niederlassungen erfolgen. Grund dafür waren nicht nur die oben angeführten Potenziale, sondern auch die Erwartung, dass durch das automatisierte Regelwerk das Niederlassungspersonal stark von dispositiven und administrativen Aufgaben entlastet wird.

Die Aktivitäten zur Umsetzung des Konzeptes wurden schnell angegangen. Das Optimierungssystem konnte umgehend implementiert und die standardmäßig verfügbaren Schnittstellen zum SAP-System eingestellt werden.
Zunächst konzentrierte sich das Projektteam auf die Umsetzung in drei Niederlassungen als Pilotbereich. Die Regelwerke wurden mit Beteiligung der Niederlassungsleiter eingerichtet, sodass wichtige Zusatzinformationen berücksichtigt werden konnten. Solche waren z.B. der verfügbare Lagerplatz in den Niederlassungen, der die Lagerung großvolumiger Artikel einschränkt. Entsprechend wurden die Artikel auch nach Volumenklassen eingeteilt und im Regelwerk berücksichtigt.

Mit dem Start der neuen Systematik kam auf die Logistik einiger Aufwand zu, da eine Umverteilung der Bestände in der Niederlassung stattfand. Dies bedeutet, dass einige Artikel höher als vorher zu bevorraten waren und umgekehrt. Das “höher Bevorraten” war mit entsprechenden Transporten in die Niederlassungen verbunden, das Abbauen der Bestände erfolgte gemäß den Nachfragen der Artikel. Artikel, die gar nicht mehr nachgefragt wurden, wurden wieder an die Zentrallager zurückgeführt.
Auch nach den Schulungen des Niederlassungspersonals war die Skepsis groß, ob A&Ks Konzept tatsächlich aufgehen würde. Als aber die ersten Niederlassungen umgestellt waren, erkannte man schnell die Vorteile der Lösung. Durch die automatische Einstellung der Dispoparameter jedes einzelnen Artikels in den Niederlassungen konnte die Nachbevorratung automatisiert werden. Es muss heute also keiner mehr BANFen bearbeiten oder Stammdaten pflegen. Der Nachschub rollt jetzt wie von Geisterhand automatisch an. Neben den Bestandseffekten machte sich insbesondere folgender Punkt positiv bemerkbar: Die Verfügbarkeit der Artikel ist jetzt deutlich besser als vorher. Nun lagern die richtigen Bestände in der richtigen Höhe in den Niederlassungen. Auch das führt nicht nur zu einer hohen Kundenzufriedenheit, sondern auch zu einer deutlichen Entlastung des Personals, das jetzt wesentlich weniger nachordern und nachhaken muss.

Resümee

Die Projektergebnisse konnten schon nach kurzer Zeit realisiert werden, dabei wurden die Erwartungen zum Teil sogar übertroffen. Mittlerweile setzen über 250 Filialen im In- und Ausland das neue Planungskonzept ein. Das Optimierungstool DISKOVER SCO hat sich ebenfalls schon jetzt bewährt. Dabei sind auch hilfreiche Zusatzfunktionen bei den Anwendern sehr willkommen: Das leistungsfähige und sehr flexible Reporting findet tägliche Anwendung. Auch das integrierte Logistikcontrolling liefert täglich aktuelle Zahlen und kann die Kennzahlenverläufe über die Zeitachse darstellen.

Als nächster Schritt steht nun die Umsetzung der Zentralläger auf das neue Konzept der durchgängigen Planungs- und Dispositionsprozesse an.

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Dr. Bernd Reineke