Mobile Datenerfassung im Warehouse-Management vermeidet Papierflut

Dr. Bernd Reineke, Abels & Kemmner, Herzogenrath

Ein- und Auslagerungsprozesse um über 30 Minuten verkürzen und gleichzeitig die Papierflut ab­zuschaffen, das gelang einem innovativen Elektronikhersteller. Bemerkenswert daran ist, dass die Lösung mit einfachen technischen und organisatorischen Mitteln schnell und kostengünstig umge­setzt wurde. Die Datenerfassung wurde ausschließlich mit Stan­dardkomponenten und ohne Anpassungsprogrammierung auf mobile Einheiten gebracht.

Gerade in der Hightech-Industrie spielt Schnel­ligkeit eine bedeutende Rolle. Dies wirkt sich auf alle Prozesse aus, insbesondere aber auf die Lo­gistik. Deshalb suchte ein deutscher Elektronik­hersteller nach Möglichkeiten, die Ein- und Aus­lagerungsprozesse zu vereinfachen und gleich­zeitig zu beschleunigen. Der strategische Hebel war, Wege zur Informationsbeschaffung und -Bereitstellung zu vermeiden, den Informations­fluss möglichst papierlos zu gestalten und gleichzeitig die Lagersituation zeitaktuell und transparent abzubilden.

Oft muss man sich jedoch solche Effizienzstei­gerungen im Lager teuer erkaufen: Neben der erforderlichen Spezialhardware müssen zumeist die Buchungsprozesse des Warenwirtschafts­und/oder Lagerverwaltungssystems für die mobi­len Einheiten mit hohem Aufwand nachprogram­miert werden. Dass es auch anders geht, zeigen die Ergebnisse des Elektronikherstellers, der die Datenerfassung ausschließlich mit Standard­komponenten und ohne Anpassungsprogram­mierung auf mobile Einheiten gebracht hat.

Um den Aufwand so gering wie möglich zu halten, bietet SAP hier die Möglichkeit der „SAP-Konsole”. Seitdem der erste Schubmast­ Stapler als Pilotstapler mit der mobilen Daten­funklösung arbeitet, hat sich der Ablauf in dem 3800 Europalettenplätze und 5000 Quadrat­meter umfassenden Lager stark vereinfacht. Je­de Lagereinheit der einzulagernden Produkte wird mit ihrer Transportauftragsnummer als Barcode gekennzeichnet. Bei der Einlagerung scannt der Staplerfahrer diesen Code direkt am vorgesehenen Lagerplatz. Diese Daten nimmt ein Funkhandscanner auf und leitet sie an ein am Gabelstapler angebrachten Notebook weiter (Bilder 1 und 2). Das Notebook ist online mit dem SAP-System verbunden. Dort wird im SAP-­Modul Warehouse Management (WM) der Trans­portauftrag direkt quittiert, womit die Einlage­rung abgeschlossen und die Ware frei verfügbar ist. Da bei der Anmeldung des Staplerfahrers das SAP-System direkt mit der Rückmeldeober­fläche startet, sind für diesen Prozess noch nicht einmal Tastatureingaben erforderlich und damit keine Investitionen in Touchscreens oder andere Hardwarekomponenten notwendig.

Detailliertes Konzept erarbeitet 

Staplerfahrer mit LaptopDie Idee zu dieser mobilen Datenfunklösung mit kostengünstigen Standardkomponenten ent­stand im Zuge der Einführung des SAP-Systems. Bevor die Technik jedoch zum Einsatz kam, war ein detailliertes Konzept erforderlich, das in Zu­sammenarbeit mit Abels & Kemmner erarbeitet wurde. Dazu wurden die Prozesse analysiert und die spezifischen Anforderungen erhoben. Darauf aufbauend wurden die zukünftigen Abläufe ent­wickelt und der Material- und Informationsfluss optimal ausgestaltet. Hieraus ergab sich die An­forderung, die Informationen an der Stelle zu erfassen, wo sie entstehen. Dazu gehörten u.a. das Entgegennehmen der WM-Transportaufträge und deren Quittierung direkt nach der Ausfüh­rung. Gerade an dieser Stelle konnte viel Zeit gespart werden gegenüber früher, als der Trans­portauftrag noch per Papierbeleg zurück zum Lagerbüro gebracht und zurückgemeldet werden musste. Dabei verstrich kostbare Zeit, bis die Ware für die Auslieferung oder Montage wieder bereit stand.

Obwohl die erforderlichen Masken im R/3­System standardmäßig vorhanden sind, sind die Möglichkeiten der mobilen Datenerfassung be­schränkt. Deshalb war es das Ziel, die SAP-Ober­flächen für die interne Transportsteuerung und Rückmeldungen der Transportaufträge an den Stapler zu bringen.

Einfach, aber effizient

Bis es soweit war, waren noch verschiedene Hausaufgaben zu machen. Auch wenn für die Funkanbindung Standardkomponenten verwen­det werden sollten, gab es keine Standardkonfi­guration, die u.a. auch die Stromversorgung der Komponenten umfasste. Im Rahmen der Einfüh­rung des Warehouse Managements war zu klä­ren, wie die technische Lösung optimal in den Ablauf eingebunden werden konnte. Untersucht wurde, welche Notebooks man einsetzen kann, wie diese vernünftig an den Stapler zu montie­ren sind, welche Scanner sich eignen und wie die Stromversorgung am geschicktesten zu regeln war.

Zunächst wurde eine passende Notebook­-Halterung für den Pilotstapler konzipiert. Die­se Metall-Lade wurde genau auf das verwendete Standard-Notebook zugeschnitten. Im zweiten Schritt mussten vorausgewählte Funkscanner­-Modelle einige Untersuchungen durchlaufen, bis das richtige, auf die Schnittstelle des Note­books passende Gerät gefunden war. Abschließend wurde zusammen mit dem Staplerherstel­ler eine Lösung mit Spannungswandler für die Stromversorgung der Geräte konzipiert und um­gesetzt.

Nachdem die technischen Voraussetzungen am Stapler soweit passten, ging es an den Auf­bau der Funkanbindung. Der IT-Bereich experi­mentierte an der Erreichbarkeit der neuen Funk­lösung. Immer wieder wurde konfiguriert und getestet, bis Spannung und Reichweite schließ­lich stimmten. Der Aufwand hat sich gelohnt: Die Basis-Stationen, also die Access-Points, fun­ken in einem Radius von 30 Metern, im Freien sogar bis zu 400 Metern. Die drei Basis-Statio­nen im Lager sind so aufgestellt, dass sich ihre Wirkungsbereiche überschneiden. Das heißt, während der Pilotstapler die Lagerhalle durch­kreuzt, bleibt er ständig mit dem SAP-System online verbunden. Dabei spielt es keine Rolle, zu welchem Access-Point er aktuell Kontakt hat.

Die Testphase für die mobile Datenfunklö­sung war nach einem Monat abgeschlossen. Die Pilotlösung hat sich als stabil und sicher erwie­sen. Eventuelle Befürchtungen, dass das Stap­lersystem Erschütterungen verursacht, die sich auf die Festplattentechnik der Notebooks aus­wirken, sind nicht eingetreten. Auch die Stan­dardtechnologie kam mit den Vibrationen gut zurecht. So wurde entschieden, die drei restli­chen Schubmaststapler mit den Zubehörteilen nachzurüsten.

Bild 2: Die Daten, die der Staplerfahrer einscannt, nimmt ein Funkhandscanner auf und leitet sie an ein am Gabelstapler angebrachtes Notebook weiter
Bild 2: Die Daten, die der Staplerfahrer einscannt, nimmt ein Funkhandscanner auf und leitet sie an ein am Gabelstapler angebrachtes Notebook weiter

Ausblick 

Als nächste Ausbaustufe soll bei der Einlagerung die Lagerplatznummer ebenfalls gescannt und auf Richtigkeit geprüft werden. Dadurch werden Einlagerungsfehler z. B. im falschen Gang oder auf der falschen Ebene zukünftig vermieden und der interne Aufwand weiter reduziert.

Die Ergebnisse

Mit der Funkanbindung konnten die Ein- und Auslagerungsvorgänge um 30 bis 50 Minuten verkürzt werden, wichtige Zeit, wenn es häufig darum geht, noch am selben Tag auszulie­fern. Aber die vorgestellte Lösung brachte noch weitere Vorteile: Da mit den bekannten SAP-Oberflächen gearbeitet wurde, war kein Schulungsaufwand für die Lagermitarbeiter erfor­derlich. Neben den erforderlichen Buchungs- und Auskunftsmasken ist die komplette SAP-Funktionalität am Stapler verfügbar. Dies bietet erhebliche Vereinfachungen, um kurzfristig Klärungen herbeizuführen oder auch die Inventur mit dieser Lösung zu vereinfachen. Letzt­lich brauchte man in der IT kein Know-how zur Programmierung proprietärer BDE-Lösungen aufzubauen, das verfügbare SAP-Know-how reichte vollkommen aus. Darüber hinaus wurde mit dem Pilotprojekt der Funkanbindung über die Effizienzsteigerung hinaus die Erhöhung der Datensicherheit im Lager bei der Ein- und Auslagerung von Waren erzielt.

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Dr. Bernd Reineke

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