Verteilungsfreie Prognoseverfahren helfen, Kundenerwartungen optimal einzuschätzen

Von Felicitas Heid-Davignon (Anita Dr. Helbig GmbH) und Dr. Bernd Reineke

Anita verfügt über ein international tätiges Netzwerk aus 20 Einzelgesellschaften mit insgesamt ca. 1.100 Mitarbeitern. Der jährliche Umsatz beträgt ca. 70 Millionen Euro.Kaum eine Branche ist so auf die richtige Einschätzung der Absatzpotenziale angewiesen wie die Bekleidungsindustrie. Die Anita Dr. Helbig GmbH entschied sich deshalb, zur Unterstützung der Absatzplanung das Prognose- und Dispositionssystem DISKOVER SCO (Supply Chain Optimizer) einzusetzen, um mit wissenschaftlich gestützten verteilungsfreien Prognoseverfahren die Kundenerwartung möglichst optimal zu prognostizieren. Besonderer Clou bei dieser Installation ist die Blackbox, die im Hintergrund arbeitet. Damit ist der Schulungsaufwand für die Auswahl der passenden Verfahren nicht erforderlich, da das System autark arbeitet.

Die Anita Dr. Helbig GmbH fertigt und vertreibt Mieder- und Bademoden in großen Cups und Größen für werdende und stillende Mütter sowie für brustoperierte Frauen, für junge modische Frauen mit großen Oberweiten und starke Frauen mit Entlastungsbedarf. Als Lagerfertiger ist der Miederspezialist auf eine gute Planungsqualität angewiesen, um die Bestände nicht unnötig hoch steigen zu lassen, aber trotzdem die von den Kunden per Sofortorder bestellten Artikel rechtzeitig liefern zu können. Als besondere Problematik kommt bei Anita Dr. Helbig hinzu, dass die Zahl der Neuheiten in Modell- und/oder Farbgestaltung stetig zunimmt. Dadurch steigt die Zahl der Planungspositionen stetig an. Durch die höhere Variantenvielfalt nimmt auch die Unregelmäßigkeit zu, was die Einschätzung der Verkaufszahlen pro Planungsposition umso schwieriger macht. In der Vergangenheit wurden die Absatzzahlen durch die Durchschnittsbetrachtung der Vergangenheitswerte ermittelt. Artikeltrends wurden damit erst sehr spät erkannt und mit gleichzeitiger Veränderung des Sortiments hin zu häufigerem Produktwechsel sank die Qualität der Planung. Dies führte zu erhöhten Beständen bei Nichtdrehern und zu mangelnder Lieferbereitschaft bei stark nachgefragten Artikeln, was besonders ärgerlich für Absatz und Kundenzufriedenheit ist.

Die Anbindung von DISKOVER SCO an das ERP-System erfolgt mit Hilfe der standardisierten AK-Toolbox mit geringem Aufwand in kurzer Zeit. Neben der Möglichkeit, beliebige Zusatzfunktionen zu realisieren, können die Vorgänge weitgehend automatisiert werden.
Die Anbindung von DISKOVER SCO an das ERP-System erfolgt mit Hilfe der standardisierten AK-Toolbox mit geringem Aufwand in kurzer Zeit. Neben der Möglichkeit, beliebige Zusatzfunktionen zu realisieren, können die Vorgänge weitgehend automatisiert werden.

Zur Verbesserung der Situation entschied sich Anita Dr. Helbig, den Planungsprozess mit einem spezialisierten Planungswerkzeug zu unterstützen. Die Wahl fiel dabei auf das System DISKOVER SCO der Firma Abels & Kemmner GmbH. Die Gründe, die den Ausschlag für DISKOVER SCO gegeben haben, waren:

  • Möglichkeit zur Simulation der Beschaffungskette mit dem Soll-Lieferbereitschaftsgrad als Optimierungskriterium und Auswahl der am besten geeigneten Prognoseverfahren und Parameter
  • Dimensionierung geeigneter Sicherheitsbestände zur Abfederung von Absatzschwankungen und Versorgungsengpässen
  • Möglichkeit zur automatisierten Ermittlung der Absatzerwartung ohne manuellen Aufwand.

Bevor DISKOVER implementiert wurde, erfolgte eine detaillierte Analyse der Verkaufsartikel (siehe Kennziffer 342). Durch Simulation mehrerer Szenarien wurde dabei die Lieferbereitschaft und das Bestandsniveau optimiert. Insbesondere die Beimischung von verteilungsfreien Verfahren zeigte dabei deutlich bessere Ergebnisse als Simulationen ohne diese Stellgrößen.

Verteilungsfreie Verfahren sind immer dann anzuwenden, wenn die Schwankung der Verbrauchswerte je Periode nicht normalverteilt ist. Erfahrungsgemäß sind nur ca. 25% aller Verbrauchsreihen normalverteilt, d.h. bei drei Vierteln der zu prognostizierenden Artikel liegt keine Normalverteilung vor. Solche Artikel sind somit nur bedingt oder gar nicht mit den Standardverfahren herkömmlicher Prognose- oder ERP-Systeme zu prognostizieren, da diese zumeist nur Verfahren anbieten, die eine normalverteilte Nachfrage voraussetzen (z.B. Mittelwertverfahren, Exponentielle Glättung). Ist die Normalverteilung nicht gegeben, kommen die konventionellen Prognoseverfahren zu sehr ungenauen Ergebnissen und führen zu falschen Lieferbereitschaftsgraden.

Bei der Hälfte der optimalen Verfahrenskombinationen kommen verteilungsfreie Verfahren zum Einsatz
Bei der Hälfte der optimalen Verfahrenskombinationen kommen verteilungsfreie Verfahren zum Einsatz

Bei der Anita, Dr. Helbig GmbH sollte DISKOVER SCO zunächst nur für die Optimierung der Bedarfsprognosen genutzt werden. Spezielle Anforderungen, wie u.a. die regelmäßige Anpassung der Losgrößen z.B. unter Berücksichtigung von Packeinheiten, konnten jedoch ebenfalls gelöst und innerhalb kurzer Zeit realisiert werden. Nach Abstimmung der Datenstrukturen und Zusatzfunktionalitäten wurde DISKOVER SCO in nur wenigen Wochen in Betrieb genommen. Bei der Auswahl der DISKOVER-Datenbank wurde bewusst auf teure und aufwändige Lösungen wie MS-SQL oder Oracle verzichtet. Als preiswerte Lösung wurde Microsoft Access ausgewählt, das sowohl hinsichtlich des zu erwartenden Datenvolumens als auch der Performance vollkommen ausreicht und zudem einfache Möglichkeiten bietet, die Daten flexibel und anforderungsgerecht auszuwerten.

Für die Optimierung erhält DISKOVER SCO die Schnittstellendaten wie z.B. Stammdaten, Bewegungs- und Auftragsdaten in Form von ASCII Dateien mit vorab abgestimmtem Aufbau. Einmal im Monat, in der Regel am Wochenende, erfolgen dann die mehrstündigen Optimierungsläufe. Die Ergebnisse werden nach der Optimierung an das übergeordnete ERP-System auf Basis eines IBM AS400 Rechners wieder in Form von Textfiles übergeben. Somit arbeitet DISKOVER SCO als Blackbox im Hintergrund ohne direkte Eingriffe durch die Disponenten.

Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades ist diese Lösung ohne großen Aufwand zu betreiben. Und da DISKOVER SCO hier als Black Box fungiert, ist auch kein Schulungsaufwand angefallen. Die monatlich optimierten Prognosedaten werden im führenden ERP-System ohne Änderung des Frontends zur Verfügung gestellt. Für die Disponenten änderte sich folglich nichts. Einzig die Lieferbereitschaft sowie die Bestandssituation verbesserten sich kontinuierlich. Dies alles ohne viel Zutun im Tagesgeschäft und lediglich durch die Auswahl der passenden Dispositionsverfahren und -parameter. Da bleibt die Frage offen, warum dies noch nicht alle Unternehmen machen.

Rechnet man eine komplette Artikelgruppe nur mit einer Kombination aus Grundbedarfs- und Sicherheitsbestandsverfahren, ergeben sich je nach ausgewählter Verfahrenskombination mehr als doppelt so hohe Durchschnittsbestände als beim Optimum der Verfahrenskombinationen
Rechnet man eine komplette Artikelgruppe nur mit einer Kombination aus Grundbedarfs- und Sicherheitsbestandsverfahren, ergeben sich je nach ausgewählter Verfahrenskombination mehr als doppelt so hohe Durchschnittsbestände als beim Optimum der Verfahrenskombinationen

Über Anita

Als Spezialanbieter für Miederwaren, Bademoden, z.B. auch für werdende und stillende Mütter oder spezielle medizinische Produkte für die Nachsorge bei Brustoperationen bildet Anita ein kompetentes, international tätiges Netzwerk aus 20 Einzelgesellschaften mit insgesamt ca. 1.200 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von ca. 80 Millionen Euro. Der Umsatzanteil außerhalb der Kernmärkte Deutschland und Österreich beträgt bereits deutlich mehr als 50 % mit stark steigender Tendenz. Dabei erfolgt der Vertrieb bevorzugt über eigene Tochterunternehmen, teilweise über exklusive Importeure.

Im globalen Markt genießt die Unternehmensgruppe einen exzellenten Ruf als Nischenanbieter für hochqualitative Spezialmieder und darf sich zu den unternehmerisch erfolgreichen Unternehmen der Bekleidungsbranche zählen. Die eigenen Produktionsstandorte befinden sich in Deutschland, Österreich, Portugal, der Tschechischen Republik und Fernost. Neben der Musterung erfolgt am Standort Brannenburg praktisch die gesamte Vorfertigung. Die verarbeiteten hochelastischen Materialien stellen besondere Anforderungen an den Zuschnitt der Teile, um beste Passform zu erreichen. Der Zuschnitt stellt somit eine Kernkompetenz im Rahmen der Fertigung dar. Dies und der technische Aufwand für den Zuschnitt auf einer Cutterstraße bedingen die Konzentration dieses Arbeitschrittes größtenteils auf den Standort Brannenburg. Das Unternehmen vertreibt ein breites Spektrum an Artikeln, welches sich noch durch ein breites Größenspektrum verstärkt, das bedient wird und für welches das Unternehmen im Markt bekannt ist. Im Mieder-Bereich werden vier Sortimente vertrieben, die sich in ihren Zielgruppen, ihrer Nachfragestruktur, ihren Deckungsbeiträgen und in der Dynamik modischer Veränderungen unterscheiden (Care; Maternity; Classics; Rosa Faia). Hinzu kommen Badekollektionen für dieselben Zielgruppen, die auf Vororder gefertigt werden.


Felicitas Heid-Davignon ist Leiterin der Logistik bei der Anita Dr. Helbig GmbH in Brannenburg.

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Dr. Bernd Reineke

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